Paul Finch: Das Gespenst von Killingly Hall (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 11. Oktober 2016 12:35
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Paul Finch
Das Gespenst von Killingly Hall
(In a Deep, Dark December, 2014)
Piper, 2016, Taschenbuch, 234 Seiten, 9,00 EUR, ISBN 978-3-492-30973-8 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Gunther Barnewald
Diese Sammlung gruseliger Weihnachtsgeschichten enthält vier Kurzgeschichten und eine Novelle, die der Autor zwischen 2000 und 2012 erstmals veröffentlichte und die zumeist in Anthologien erschienen sind. Hier erscheinen sie nun erstmals gesammelt in Deutsch, wobei zu bemerken ist, dass dem Autor wenig Innovatives eingefallen ist, sondern sich seine Erzählungen eher auf ausgetretenen Pfaden bewegen.
Leider beginnt „Das Gespenst von Killingly Hall“ auch noch mit den beiden schwächsten Storys in dieser Sammlung. Während „Die Weihnachtsgeschenke” von zwei Einbrechern berichtet, die bei einem weihnachtlichen Einbruch ihr blaues Wunder erleben (sowas wie „Kevin allein Zuhaus“, nur mit übernatürlichen Gruseleffekten), erzählt „Mitternachtsgottesdienst” vom üblichen unglücklichen Schicksal eines arroganten Fremden, der im verschneiten Weihnachtskaff in seiner Überheblichkeit in einen tödlichen Spuk läuft. Leider sind beide Geschichten von fast unerträglicher Vorhersehbarkeit.
Erst „Das verzauberte Haus” belebt den Mythos vom unheimlichen Domizil, welches mit Besuchern an Bord auf Nimmerwiedersehen verschwindet, recht effektiv wieder. Man sollte halt niemals Getränke und Speisen von unheimlichen Fremden annehmen! Eine zumindest atmosphärisch dichte Erzählung.
Danach folgen die beiden mit Abstand besten Geschichten dieses Buchs. „Die Mummenschanzspieler” zeigt den Verlauf einer scheinbar missglückten Rache-Aktion, die dann doch noch, über erschreckende Umwege, zum Ziel führt. Hier erscheint vor allem der gut ausgearbeitete Hintergrund der beiden einst konkurrierenden Zeitungsredaktionen überzeugend und fesselt deshalb den Leser bis zum blutigen Ende.
Wie zu erwarten ist die etwa 120seitige Titelnovelle das Highlight der Sammlung. Ein Privatdetektiv-Ehepaar, dereinst beide bei der Polizei, erhalten den seltsamen Auftrag, etwas über einen verwunschenen Landsitz herauszubekommen. Leider erweist sich Killingly Hall tatsächlich als kinderverschlingendes Anwesen. In seinem Gebiet verschwinden schon seit Jahrhunderten immer wieder Kinder spurlos, auch in jüngster Zeit. Der neue Besitzer, ein reicher Filmschauspieler, ist darüber gar nicht erbaut, fürchtet er doch um seine minderjährige Tochter. Deshalb beauftragt er die beiden Detektive, Nachforschungen anzustellen, die leider keine beruhigenden Ergebnisse zeitigen. Schließlich beauftragt er die beiden, ihn zu einer bombastischen Weihnachtsfeier mit vielen, teilweise berühmten Gästen dorthin zu begleiten. Schnell wird klar, dass das verfluchte Gespenst längst Kontakt aufgenommen hat zu dem kleinen Mädchen und im Gewimmel der Weihnachtsfeier verlieren alle schnell den Überblick. Als dann auch noch der Chef der Wachleute auf grauenhafte Weise massakriert wird, ist die Kleine in akuter Lebensgefahr und es entspinnt sich ein packender Kampf auf Leben und Tod...
Vor allem diese zwar ebenfalls triviale, dafür aber packende und nervenzerfetzende Novelle rettet die vorliegende Sammlung, die ansonsten allzu stark durch altbekannte Klischees enttäuscht. Vieles ist vorhersehbar, das Meiste trivial, was der Autor sich hier ausdenkt. Wer gruselige Weihnachtsgeschichten nach bewährtem Strickmuster mag, der wird aber von Paul Finch trotzdem gut bedient. Wer gerne etwas mehr Innovationen und eigene Ideen des Autors gehabt hätte, der sollte besser die Finger von diesen Geschichten lassen. Aber für den einen oder anderen leicht gruseligen Weihnachtsabend dürfte es schon reichen! Denn vor allem die letzten beiden Geschichten sind zumindest extrem spannend und auch so unheimlich, dass man deren Lektüre durchaus genießen kann.