Matthias Falke: Der Terraformer 2 (Buch)

Matthias Falke
Der Terraformer
Titelbild: Timo Kümmel
Atlantis, 2016, Paperback, 366 Seiten, 16,90 EUR ISBN 978-3-86402-354-5 (auch als Hardcover und eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Seitdem Anders McCoy, Terraforming-Ingenieur von der ‚Astrografische Gesellschaft des Clusters für Zivilisierte Welten‘, ein spektakuläres Abenteuer erlebt hat, sind einige Jahre vergangen. Nach wie vor arbeitet er auf einem namenlosen Planeten, den er inzwischen mit einer Flora und Fauna versehen hat, die zu beobachten ihm die größte Freude bereitet.

Dieses Idyll wird jäh gestört durch die Landung eines Schiffes von den Erzwelten. An Bord befinden sich Ragnar, die Frau seines Freundes Roderick Stirgardsson, und die Söhne des Paares. Ragnar bittet McCoy um Hilfe: Der Gönner der Familie ist gestorben, und sein Sohn Olaf Orluffson, der zuvor schon die Familie ins Unglück gestürzt hatte, ist aus der Verbannung zurückgekehrt, mächtiger denn je. Er hat nicht nur Roderick auf eine Strafwelt geschickt, auf der ein Krieg tobt, der praktisch bloß dazu dient, Widersacher aus dem Weg zu räumen, sondern er hat auch Alma, die kleine Tochter der Stirgardssons, entführen lassen.

Obwohl McCoy eigentlich gar nichts mit alldem zu tun hat beziehungsweise zu tun haben muss, erklärt er sich einmal mehr bereit, im Rahmen seiner Möglichkeiten etwas zu unternehmen - denn der kauzige Wissenschaftler hat eine Schwäche für Ragnar und erachtet die Familie als seine Freunde. Dass er sich dadurch in Lebensgefahr begibt, stört ihn weniger als das Versäumen der großen Wanderung der Tierherden auf seinem Planeten…, denn inzwischen kennt er den Gegner und ist davon überzeugt, dass er durch seinen Intellekt und sein technisches Equipment den grausamen Orluffson einmal mehr der gerechten Strafe zuführen kann.


Matthias Falke hat seine beiden „Terraformer“-Romane so konzipiert, dass man sie unabhängig voneinander lesen kann, wenngleich es natürlich sinnvoll ist, sie sich in chronologischer Reihenfolge vorzunehmen, denn es gibt immer mal den einen oder anderen Querverweis, der bloß beim Kenner zum Aha-Effekt führt.

Beide Romane sind gleichermaßen spannend, doch muss man Band 1 bescheinigen, dass er weitaus mehr mit dem Überraschungsmoment gelungen spielt und die Protagonisten in einer Weise einsetzt, dass sie immer wieder eine unverhoffte Wende herbeiführen, ohne dass es erzwungen wirkt. McCoy agierte so richtig wie ein verschrobener Forscher, der mit dem Konflikt nichts zu tun haben will, wider Willen in diese Fehde hineingezogen wurde und sie zu seiner machen muss, um sich und die Menschen, an denen ihm immer mehr zu liegen beginnt, zu retten. Er wächst über sich hinaus, ohne zum Superhelden zu mutieren.

Jetzt hingegen sieht er sich selbst als ‚erfahrenen Abenteurer‘. Trotzdem er sich seiner Schwächen bewusst ist, hat er sich eine Arroganz zugelegt, die unangemessen wirkt. Er reagiert auch nicht mehr, sondern schmiedet Pläne und verlässt sich auf seinen Intellekt und eine technische Überlegenheit, die durchaus ihren Meister finden kann. Dennoch ist er erfolgreich und gerät kaum noch in problematische Situationen.
Und genau das ist das Manko des an sich packenden Buches: McCoy ist überlegen und weiß es, er gerät kaum noch in ausweglos scheinende Sackgassen, alles klappt viel zu sehr wie am Schnürchen - sodass man keine Zweifel hegt, dass er seinen Freunden zu ihrem Recht verhelfen wird und keiner von ihnen Schaden nimmt.

Plötzlich sind Nebenfiguren viel interessanter, zum Beispiel der zwielichtige Loki, der dem Gott aus der nordischen Sage nachempfunden ist und darum nicht eindeutig den Bösen oder den Guten zuzuordnen ist, nachdem McCoy ihn zu rekrutieren versucht hat (man erinnere sich: Loki, Gott des Feuers, der Ränke und der Lüge half oft den anderen Göttern, auch wenn diese Hilfe immer ihren Preis hatte), oder auch der älteste Sohn der Stirgardssons, Asar, der genauso wie McCoy und Loki für Technologie ein gutes Händchen hat.

Hatte man Spaß an „Der Terraformer“, wird man gewiss auch den Folgeband gern lesen wollen. Er enttäuscht zwar nicht, aber was vorher nicht selbstverständlich war, ist es jetzt, und das nimmt leider doch etwas von der Spannung und dem Realismus, der die Hauptfiguren auszeichnete. Eine schöne Lektüre, aber nicht so packend wie der erste Teil.