ARS LITTERAE 5: Linda Budinger: Unter dem Vollmond (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 25. April 2010 10:33
Linda Budinger
Unter dem Vollmond
ARS LITTERAE 5
Titelillustration von Andrä Martyna
Sieben, 2010, Paperback, 200 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-940235-91-6
Carsten Kuhr
Seit Verena Seiler während eines Autounfalls ihre Schwester und die Eltern verlor, nennt sie eine besondere Gabe ihr Eigen. Anhand der Aura eines jeden Lebewesens kann sie sehen, ob dieses Gesund ist oder OB eine Krankheit im Inneren wütet. Als Nachschwester im Krankenhaus ist ihre diese Gabe aber eher eine Bürde, als eine Hilfe. Die Halbgötter in Weiß sehen auf die kleine Schwester, die nebenher Medizin studiert, hochnäsig herab, ihre Hinweise werden meist ignoriert.
Eines Nachts, nach ihrer Schicht, stößt sie auf dem Nachhauseweg auf eine Leiche. Der Lumpensammler, so zumindest nennt die Presse den Serienkiller, hat wieder zugeschlagen. Um dem Trubel und den Anfeindungen um ihre Person zu entgehen, nimmt sie das Angebot eines Unbekannten an. In einem abgelegenen Herrschaftssitz soll sie die schwerkranke Mutter des Wissenschaftlers Wolf von Hagendorf pflegen.
Schon als sie das abgelegene Anwesen erreicht, kommt ihr so Einiges Spanisch vor. Was verbirgt das ungewöhnliche Mutter-Sohn Gespann vor ihr, ja der Welt, und warum stößt sie in verborgenen Gängen des Anwesens auf uralte Bilder, die Menschen zeigen, die nicht nur mit Wolf, sondern auch mit ihr eine verblüffende Ähnlichkeit aufweisen? Und an was forscht der charismatische Wolf in seinem abgelegenen Forschungstrakt? Fragen, auf die sie Antworten sucht und findet – leider, denn die Antworten bringen ihr Leben in höchste Gefahr...
Linda Budinger ist dem Freund phantastischer Literatur keine Unbekannte. Im Spreeside Verlag hat sie kürzlich den Auftakt einer High-Fantasy-Jugendbuch-Trilogie vorgelegt, und Romane zu der Bastei-Romanheftreihe „Schattenreich“ und „Das Schwarze Auge“ von FanPro beigesteuert.
Vorliegender Roman bedient sich mehrerer gängiger Horror-Themen. Das mysteriöse, verwinkelte Anwesen, verrückte Wissenschaftler, die in der Nachfolge der Alchemisten am ewigen Leben forschen und Werwesen. Das alles findet, ein wenig abgewandelt, so manches Mal auch nur in Ansätzen, Eingang in vorliegenden Roman.
Aus diesen Versatzstücken setzt die Autorin dann ihre ganz eigene, faszinierende Handlung zusammen. Das Gebotene überrascht durch einen sehr feinfühligen Stil, unerwartete Wendungen und einer Handlung, die den Leser, unmerklich zunächst, immer tiefer in ihren Bann zieht. Man rätselt unwillkürlich mit der Protagonistin mit, kann ihre Faszination und Zuwendung hin zum so interessanten, gleichzeitig aber auch geheimnisvollen Arbeitgeber gut nachvollziehen. Das ist weit von dem sonst Üblichen entfernt, ruht fest und fesselnd auf dem Gerüst der Suche nach der Auflösung der Rätsel, zeigt uns aber auch eine junge Frau, die sich, so tapfer und aktiv sie auch ist, nach einem Partner sehnt. Dass sie hier zunächst in eine Opferrolle hineinrutscht, sich dann aber aktiv ins Geschehen stürzt und letztlich obsiegt – wie genau, das dürfen Sie selbst nachlesen – beeindruckt den Leser.