Sophie Jordan: Infernale (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 12. Februar 2016 10:39
Sophie Jordan
Infernale
(Uninvited, 2014)
Übersetzung: Ulrike Brauns
Loewe, 2016, Hardcover, 384 Seiten, 17,95 EUR, ISBN 978-3-7855-8167-4 (auch als eBook erhältlich)
Von Christel Scheja
Sophie Jordan ist den Lesern bereits durch ihre „Firelight“-Trilogie bekannt, in der Drachen ihren Platz in der Menschenwelt zu verteidigen suchten. Mit der „Infernale“ Trilogie, deren erster Band nun erschienen ist, wendet sie sich einem ganz neuen Thema zu.
In einer nicht allzu fernen Zukunft hat die US-amerikanische Regierung beschlossen, die Verbrechensrate zu minimieren, indem sie gleich von vorneherein die Leute aus dem Verkehr zieht, die zu Mördern werden könnten. Denn Wissenschaftler scheinen eine todsichere Methode gefunden zu haben, die gefährlichen Individuen herauszufiltern. Der Test auf das Homocidal Tendency Syndrome (HTS) wird schließlich zwingend vorgeschrieben und vor allem den Jugendlichen vor Abschluss der Schule aufgezwungen. Auch die junge, überdurchschnittliche Davy unterzieht sich dem DNA-Test.
Als dann festgestellt wird, dass ausgerechnet sie das „Mördergen“ in sich trägt, wird das Mädchen, das bisher in der Schule gut zurecht kam, viele Freunde und sogar einen Partner hatte, aus ihrem behüteten und beschaulichen Leben gerissen. Sie muss die Klasse und sogar die Schule wechseln, wird allein durch die Tatsache, dass sie nun ein Abzeichen tragen muss, schon von vorneherein wie eine Verbrecherin behandelt und stellt fest, dass sich alle, selbst ihre Eltern und die Freunde, denen sie vertraute, von ihr abwenden. Mehr und mehr treibt man sie zum Äußersten… vor allem als sie auch noch in ein Lager gesperrt wird. Ist es da ein Wunder, dass sie dann genau das tut, was man ihr vorhält?
Noch immer folgen viele US-amerikanische Autorinnen von Romanen für junge Leserinnen ab dreizehn oder vierzehn Jahren dem Trend, die heranwachsenden Heldinnen ihrer Romane aus einem beschaulichen Mittelklasseleben zu reißen um sie in ein Alptraum-Szenario zu stürzen. Sophie Jordan macht in „Infernale“ keine Ausnahme. Ihre Davy ist eigentlich das, was sich viele erträumen mögen: Sie lebt in einem intakten Elternhaus, ist hübsch und begabt, beliebt in der Schule und hat den Jungen an ihrer Seite, in den sie auch verliebt ist. Aber leider hat die Regierung andere Pläne. Die Idee, potentielle Mörder bereits vor der Tat auszusieben ist gar nicht einmal so utopisch gedacht, wenn man sich manche Entwicklungen in der Welt einmal anschaut. Nur leider erreicht man mit den Maßnahmen dann genau das, was man verhindern wollte und schafft eine Gesellschaft voller Paranoia, Angst und Vorurteilen, die von der Propaganda her durchaus Bezüge zum Dritten Reich hat. Und genau das ist es dann wohl auch, was zur großen Prüfung für die Heldin wird und all die Qualitäten erfüllt, die eine romantische Dystopie haben muss. Denn die Liebe spielt natürlich auch eine wichtige Rolle, denn geht der eine, dem die Gefühle gehörten, so kommt ein anderer, der vermutlich noch faszinierender ist.
Sophie Jordan präsentiert in ihrem Buch einige interessante Ideen und scheut sich auch nicht, brutaler zu werden, als man es vielleicht von anderen Romanen gewöhnt ist, aber die Thriller-Elemente werden dann doch meistens gegenüber dem zurückgestellt, was die Zielgruppe mehr interessiert: die Gefühle und Gedanken einer jungen Frau auf der Schwelle zum Erwachsenwerden, die nicht selten mit ihrem direkten Umfeld und ihrer Liebe zu tun haben.
Alles in allem ist „Infernale“ der solide Auftakt einer Trilogie, der alle Erwartungen erfüllen dürfte, wenn man auf Geschichten steht, in denen wieder einmal eine behütete junge Frau aus gutem Hause, die bisher das System nicht hinterfragt hat, sondern ihr schönes Leben genoss, plötzlich mit den übelsten Schattenseiten ihres Gesellschaftssystems konfrontiert wird. Obwohl der Hintergrund diesmal sehr nahe an der aktuellen Lebenswelt vieler Jugendlicher bleibt und gar nicht einmal so abwegige Überlegungen thematisiert, stehen letztendlich doch wieder mehr die Sorgen und Nöte im Mittelpunkt, die man mehr aus Liebes- und Teenager-Romanen kennt, nicht aber die Utopie.