Sherlock Holmes – Crime Alleys (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 31. Juli 2015 09:35
Sherlock Holmes – Crime Alleys
(Sherlock Holmes Crime alleys 1: Le premier problème, 2: Vocations forcées)
Text: Sylvain Cordurié
Cover: Ronan Toulhoat
Zeichnungen: Alessandro Nespolino
Übersetzungen: Swantje Baumgart
Splitter, 2015, Hardcover, 96 Seiten, 19,80 EUR, ISBN 978-3-95839-133-8
Von Frank Drehmel
Nachdem Cordurié erstes bei Splitter erschienenes Doppelalbum – „Sherlock Holmes & das Necronomicon“ – gleichsam den späten Holmes zum Thema hatte, also die Zeit nach dem vermeintlichen Tod des Detektivs und seiner Nemesis Professor James Moriarty bei den Reichenbachfällen, führt der Autor den Leser von dort aus gut anderthalb Dekaden zurück in das Jahr 1876.
Gemeinsam mit dem virtuosen Violinisten Ron Jantscher, den Sherlock, dessen Name in Polizei- und Verbrecherkreisen noch nahezu unbekannt ist, geradezu enthusiastisch bewundert, bewohnt der Hobby-Detektiv eine Wohnung in Old Wrighton, Westminster. Eines Nachts wird der Freund vor seinen Augen entführt und der in Selbstverteidigung bewanderte Detektiv kann die Entführung nicht vereiteln. Auf Fürsprache seines Freundes Inspektor Pike hin schaltet Scotland Yard Holmes in die Ermittlungen ein, zumal der Vorfall mit jenen Entführungen in Zusammenhang zu stehen scheint, die unter der Bildungs-Elite Londons seit geraumer Zeit für Unruhe sorgen.
Die Nachforschungen Sherlocks führen ihn schließlich auf die Spur von Vater und Sohn Moriarty, die im Hintergrund die Fäden zu ziehen scheinen. Ehe er sich versieht, findet sich der Detektiv in der Gewalt der verbrecherischen Familie wieder. Und nicht nur, dass er nicht den Tod Rons verhindern kann, er selbst soll das nächste Opfer der Mörder werden, die mittels eines erstaunlichen Apparates die sehr spezielle Nachfrage reicher Kunden befriedigen.
Doch bevor Holmes mittels dieser neuen Technik vom Leben zum Tode befördert werden kann, erhält er Hilfe von unerwarteter Seite: ein ehemaliges Mitglied der Bande der Moriartys hat mit Vater und Sohn noch eine blutige Rechnung offen und befreit den Detektiv. Gemeinsam versuchen die ungleichen Verbündeten daraufhin, dem Treiben der Verbrecher ein Ende zu setzen, nicht ahnend, dass sich diese des Schutzes aus höchsten gesellschaftlichen Kreisen sicher wähnen und selbst in Scotland Yard ihre Spitzel sitzen haben.
Erwies sich der Genre-Mix des vorherigen Bandes, „Sherlock Holmes & das Necronomicon“, als veritable Enttäuschung, da er beiden zentralen Sujets nicht gerecht wurde, so bietet der vorliegende Doppelband immerhin passable, wenn auch nicht herausragende Unterhaltung. Das liegt zentral daran, dass sich Autor Cordurié auf die Stärken der Figur konzentriert – und das ist nun einmal die klassische, hier allerdings auch deutlich actionorientierte Detektiv-Arbeit eines Misanthropen –, anstatt sich in lahmer Mystik und uninspiriertem Horror zu verlieren.
Nichtsdestotrotz kommt auch „Sherlock Holmes – Crime Alleys“ nicht gänzlich ohne Elemente des klassischen Schauerromans aus, wenngleich sie zurückhaltend – insbesondere in der Figur des High Lords – eingesetzt werden.
Unterm Strich werden sowohl Sherlock, als auch seine Widersacher – die Moriartys – hinreichend diffizil und vielschichtig gezeichnet und die Handlung kommt etwas weniger vorhersehbar daher als im Vorgängeralbum. Wenig gelungen ist hingegen die Einbindung von Steampunk- und SF-Elementen in Form einer Maschinerie, die – freundlich ausgedrückt – zu absurd ist, um ernstgenommen zu werden.
Das Artwork, für das diesmal zeichnerisch Alessandro Nespolino zuständig ist, folgt in seiner visuellen Dynamik einem cineastischen Ansatz, ist von historischer Authentizität und gerade in den Figuren-Zeichnungen etwas elaborierter und markanter als Lacis Zeichnungen. Dafür wirken die architektonischen Elemente reduzierter und weniger bombastisch, wenngleich das auch wegen der zurückhaltenden, erdigen und – verglichen mit dem vorigen Band – etwas weicheren Kolorierung der „viktorianischen“ Atmosphäre keinen Abbruch tut.
Fazit: Die unterhaltsam inszenierte – wenn auch nicht sonderlich originelle – Detektiv-Geschichte sowie das gefällige Artwork machen trotz kleinerer Plot-Schwächen und SF-Ausrutscher den Comic zu einer Empfehlung für Fans des ikonischen Detektivs.