Michael Schmidt (Hrsg.): Zwielicht Classic 9 (Buch)

Michael Schmidt (Hrsg.)
Zwielicht Classic 9
Titelillustration von Lothar Bauer
Paperback, 2015, 182 Seiten, 9,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Im Herbst 2012 startete die erste Ausgabe des „Zwielicht Classic“- Magazins zunächst als eBook, seitdem erscheinen die Ausgaben mit Neuauflagen von herausragenden Storys und einem kleinen Sekundärteil regelmäßig sowohl elektronisch, wie auch im Print. Mittlerweile plant der Herausgeber Michael Schmidt für Anfang 2016 bereits den 10. Band der Reihe – man sieht, dass die Edition nicht nur beim Leser angekommen ist, sondern sich zur Erfolgsgeschichte mausert.

Das Konzept, herausragende phantastische Geschichten, in erster Linie aus dem Bereich der Weird Fiction (es findet sich aber auch Platz für SF oder Fantasy), zu sammeln und sie einem interessierten Leserkreis zugänglich zu machen, hat sich bewährt. Keiner kann und will all die vielen kleinen Periodika, Sammlungen und Anthologien im Auge behalten, um die wenigen wirklich lesenswerten Storys herauszupicken. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass der Herausgeber, unterstützt von entsprechenden Vorschlägen aus dem Kreis interessierter Fans, hier einen Überblick präsentiert, der handwerklich niveauvoll und inhaltlich überzeugend ein ums andere Mal tolle Erzählungen und Entdeckungen für den Leser bereithält.

Es fällt mir schwer, einen einzigen Beitrag besonders herauszustellen. Die gebotene Qualität ist beeindruckend, mir selbst haben es die Geschichten von Malte S. Sembten und Thorsten Küper besonders angetan.

Um was geht es in diesem Sammelband?

Bettina Ferbus’ „Spuren im Sand“ steht ganz unter dem Motto „Nimm dich in Acht vor Dune 8“, dem Gefängnisplaneten, von dem über 90 Prozent der Häftlinge nicht zurückkehren. Schuld daran sind die Würmer, die sich, wenn man nicht höllisch aufpasst, im Körper einnisten.

Hubert Katzmarz’ „Pilz im Glück“ stellt uns einen Mann vor, der im Millionenquiz gewonnen hat – und dadurch sein Leben, seine Liebe und sein Dasein verliert.

In Malte S. Sembtens „Der Problemopa“ begegnen wir in einem der wenigen Zweibettzimmer des örtlichen Krankenhauses einem von einer Lungenentzündung rekonvaleszentierenden jungen Mann und einem alten Nörgler – der nicht nur unappetitlich riecht, anzüglich und vulgär die Schwestern anmacht, sondern auch noch ein dunkles Geheimnis verbirgt.

Danach trifft in Christian Endres’ „Sherlock Holmes und die Frau im Nebel“ der Meisterdetektiv auf Vampire und Werwölfe, die London heimsuchen.

Vorhang auf für einen Star in Thorsten Küpers „Wenn dich der Bluesmann holen kommt“. Er, der unter einem übersteigerten Selbstbewusstsein und Zügellosigkeit leidet, sieht sich selbst als Gott der Musik. Seine Fans danken es ihm in den Geschäften und mit den Downloads. Doch noch hat er den Olymp nicht wirklich erklommen – dafür kann nur der Bluesman und dessen sorgfältige Inszenierung sorgen.

Kurt Tichys „Susans einsamer Krieg“ berichtet über eine etwas andere Alieninvasion – und einen Psychiater, der an seiner eigenen Zurechnungsfähigkeit zweifelt.

In Christian Weis’ „Kinosterben“ nimmt ein alter, ehemaliger Filmvorführer auf ganz eigenes Art und Weise Abschied von seinem Traumpalast.

Jeder vierte tödlich verlaufende Autounfall geht auf den Sekundenschlaf zurück. Auch in Torsten Scheib’ „Wie die Lemminge“ begegnen wir einem Unfallfahrer, der nicht ahnt, was ihn in der Raststätte erwartet.

Marcus Richter erzählt uns in „Haus am Meer“ von einem jungen Paar, das in einem einsam gelegenen Haus an der Küste auf den letzten Überlebenden von Rommels Afrika-Corps stößt – der gar Verstörendes von sich gibt – oder ist doch alles nur ein Traum?

Heinz Tovote stellt uns in „Leichenmarie“ eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen vor, die von kürzlich verstorbenen Frauen fasziniert ist – so fasziniert, dass sie…

F. O. Tennebergs „Der Student“ greift das Faust-Motiv auf. Ein Don Juan, ein junger Adeliger. geht einen Bund mit dem Satan ein, ein Geschäft, das er zwangsläufig verlieren muss.

Abgerundet wird der Band durch Lars Dangels kenntnisreiche Vorstellung eines längst vergessenen Geisterbuchs, Elmar Hubers Präsentation des Sekundärwerks „Nachtmeerfahrten“ sowie Eric Hantschs Vorstellung zu Unrecht vergessener Meisterwerke sowie eine Auflistung der Vincent-Preisträger.