Marita Sydow Hamann: Der Thul – Die Erben der alten Zeit 2 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 09. Juli 2015 09:25
Marita Sydow Hamann
Der Thul
Die Erben der alten Zeit 2
Titelgestaltung von Stefan Sternbacher
Karte von Marita Sydow Hamann
Grassroots Edition, 2014, Hardcover, 528 Seiten, 19,80 EUR, ISBN 978-3-9503658-9-4 (auch als eBook erhältlich)
Von Christel Scheja
In „Das Amulett“ führt Marita Sydow Hamann in ihre Trilogie um „Die Erben der alten Zeit“ ein. Nun setzt sie die Saga in „Der Thul“ fort und entführt die Leser ein weiteres Mal in eine fremde Welt, in der Mythen und Magie noch sehr lebendig sind.
Seit etwa einem Jahr ist Charlies Leben nicht mehr so, wie es einmal war. Durch einen seltsamen Nebel wurde sie auf die Welt Godheim entführt, in der noch finsteres Mittelalter zu herrschen scheint. Ein Magier namens Oden übt grausam Herrschaft über das Land aus und scheint vor allem diejenigen zu verfolgen, die Wissen um Magie haben – Fähigkeiten, die ihm gefährlich werden könnten.
Inzwischen weiß sie durch Bjarn, Kunar und Tora, ihre Freunde, dass sie offensichtlich Teil einer Prophezeiung ist, die Oden zu Fall bringen soll. Deshalb schwebt sie fortwährend in Gefahr, scheint der Feind doch besonderes Interesse an ihrem Amulett zu haben. Sie überlebt nur knapp einen Giftanschlag Odens, weiß aber jetzt, dass ihre Freundin Hanna in seiner Gewalt ist. Deshalb nutzt sie die Chance, mehr über sich und ihre Kräfte zu lernen, während sie als tot gilt, erfährt mehr über die Geheimnisse der Welt und die, die mit der Prophezeiung zusammenhängen, auch wenn sie sich dafür auf eine gefährliche Reise begeben muss. Auf dieser schließt sich der Schar auch noch „Der Thul“ an, ein geheimnisvoller Mann und Geschichtenerzähler.
Schließlich steht Charlie vor einer schweren Wahl: Versucht sie Hanna zu retten, indem sie an dem „Großen Rennen“ teilnimmt, durch dessen Gewinn sie einen Sklaven oder Gefangenen befreien könnte, oder aber macht sie sich auf die Suche nach der geheimnisvollen Sora, die wie sie ein Teil des Amuletts besitzt, mit dem man zwischen den Welten reisen kann. Denn wie sie jetzt weiß, hat Oden seinen Blick auf ihre Heimatwelt, die Erde gerichtet und hat nur eines im Sinn – ihre Zerstörung…
„Der Thul“ erweist sich als typischer Mittelband einer Trilogie. Der Leser wird mitten hinein in das Abenteuer und die Welt geschubst. Erklärungen spart sich die Autorin, sie nutzt den Platz lieber, um die Entwicklung Charlies voranzutreiben. Denn wie jede klassische Auserwählte ist sie nicht mit dem Wissen geboren worden, sondern muss es sich mühsam und mit Rückschlägen aneignen.
Daneben lernt sie gemeinsam mit dem Leser auch andere Facetten der Welt kennen, denn Godheim wird nicht nur von Menschen bewohnt, auch Fabelwesen aller Art wie Pegasi und Kentauren gibt es dort. Dazu kommen die „Fygien“ – Schutzgeister die jeden Menschen umgeben, aber nur von wenigen gespürt oder gar gesehen werden können. Zudem erlebt man durch Hannas Perspektive mit, wie Oden seine düsteren Pläne vorantreibt und langsam aber sicher seine Hände nach der Erde ausstreckt. Und auch Sora wird nicht vergessen. In einer eigenen Handlungsebene erfährt man mehr über sie und lernt die Welt „Euripides“ besser kennen, die wesentlich weiter entwickelt ist als alle anderen bekannten Daseinsebenen – aus diesem Grund aber ausgerechnet die Magie ausschließt, die ein Teil des Mädchens ist.
Wie ein alter Geschichtenerzähler webt Marita Sydow Hamann ihre Saga weiter, spielt mit den Versatzstücken der nordischen Magie und entfaltet so nach und nach das farbenprächtige Szenario einer fremdartigen aber dennoch irgendwie vertrauten Welt. Denn die Menschen mit all ihren Stärken und Schwächen bleiben im Mittelpunkt.
Es ist auch genau das, was Charlie und ihre Weggefährten auszeichnet. Sie sind sich ihrer Aufgabe und Lage sehr wohl bewusst, auf der anderen Seite aber auch noch Teenager, die manchmal gerne über ihr Ziel heraus schießen. Nur die Gegenspieler bleiben blass; zwar bekommen Oden und seine Schergen etwas mehr Raum, entwickeln sich aber nicht sonderlich weiter, was der Bedrohung ein wenig an Kraft nimmt. Die Handlung kommt insgesamt zwar eher behäbig voran, verliert aber nie wirklich an Spannung. Auch wenn es Punkte gibt, an denen sich die Helden mit ihren Gegnern herumschlagen müssen; so sind doch Action und Gewalt nur letzte Mittel.
Alles in allem spricht „Der Thul“, wie auch schon „Das Amulett“, alle jungen und jung gebliebenen Leser an, die die atmosphärische Mischung aus abenteuerlicher Fantasy und nordischer Mythologie mögen und dabei weniger auf Action und Gewalt als Entwicklung der nur allzu menschlichen Heldin schätzen.