Gruselkabinett 99: Die Toten sind unersättlich, Leopold von Sacher-Masoch (Hörspiel)

Leopold von Sacher-Masoch & Marc Gruppe (Script)
Die Toten sind unersättlich
Gruselkabinett 99
Sprecher: Simon Jäger, Bodo Wolf, Ulrike Möcke u.a.
Cover von Ertugrul Edirne
Titania Medien, 2015, 1 CD, ca. 65 Minuten, ca. 8,99 EUR, ISBN 978-3-7857-5116-9

Von Christel Scheja

Leopold von Sacher-Masoch (1836-1895) war ein österreichischer Schriftsteller, dem man nachsagte, dass er in seiner Kunst und Phantasie gerne schon einmal das triebhafte Verlangen nach Schmerz und Unterwerfung möglichst ästhetisch formulierte. Das ist auch in „Die Toten sind unersättlich“ zu spüren, eine seiner Erzählungen mit übernatürlichem Inhalt.

Viele junge Männer aus der Ferne sind von dem alten und verschneiten Schloss Tartakow in den Karpaten fasziniert, das zwar inzwischen halbverfallen sein soll und in dem gerade einmal noch ein Verwalter lebt, aber das ebenso viele Geheimnisse bergen soll. Hinter vorgehaltener Hand erzählen sich die Einheimischen aber auch von dem Fluch, der jeden der leidenschaftlichen Sucher irgendwann eingeholt hat, denn keiner, der mehr als einmal auf dem Schloss war, ist jemals zurückgekehrt. Und die, die der Versuchung widerstanden, dorthin zurückzukehren, werden das Verlangen nicht los, die geheimnisvolle Steinstatue einer wunderschönen Frau sehen zu wollen.

Auch Manwed Werowski lässt sich von den Verlockungen der alten Burg einfangen und gerät so in die Fänge des geheimnisvollen Marmorweibes, obgleich er schon verlobt ist und ihn nicht nur die Einheimischen davor warnen, sich sehenden Auges ins Unglück zu stürzen. Denn noch glaubt er, der kalten Schönen widerstehen und entkommen zu können.

Wie man sich schon denken kann, geht die Sache nicht gut aus. Aus diesem Grund ist bei der Geschichte und auch dem Hörspiel nicht das Ziel interessant, sondern eher der Weg dahin. Denn wie der junge Mann dem kalten Weib verfällt, wird mit viel Leidenschaft und Gefühl in Szene gesetzt und sorgt auch für wohligen Grusel bei den Zuhörern. David Nathan verkörpert wunderbar die naive Selbstsicherheit seines Helden und tappt sehenden Auges in sein Verhängnis.

Letztendlich passiert nicht so viel, aber Spannung liegt von Anfang bis Ende durch die vielen kleinen aber feinen Andeutungen in der Luft. Die Verführung geschieht schleichend und schlägt immer mehr in den Bann – so dass man gar nicht merkt, wie schnell die Zeit vergeht.

Auch die anderen Sprecher sind gut aufgelegt und geben der Schauermär die richtige Stimmung. Man merkt richtig, dass sie in der Tradition anderer Vampirgeschichten steht, die ebenfalls zu dieser Zeit in den gehobeneren Kreisen kursierten und eindeutig zweideutig mit sexuellen Andeutungen spielten, die in der Öffentlichkeit eher verpönt waren.

Die passende Musik und auch der Klangteppich vertiefen die Atmosphäre eines faszinierenden Hörspiels, das wie immer keine Action braucht, um in den Bann zu schlagen.

Auch „Die Toten sind unersättlich“ schlägt in den Bann, was vor allem den Sprechern zu verdanken ist, die einen gekonnt in die geheimnisvolle Welt der Karpaten und in die Arme des kalten Marmorweibs ziehen – schneller, als es einem selbst lieb ist.