Interviews

Im Gespräch mit: Oliver Hoffmann

Im Badischen, an der Grenze zu Hessen, gibt es seit Jahren einen kleinen Verlag, der sich zunächst als reiner Nischenverlag auf seine Fahnen geschrieben hatte, Freunde der phantastischen Spiele aber auch Leser von Comics und Romanen mit entsprechenden Werken zu versorgen. Was 1989 als Geheimtipp für Insider begann, das hat zwischenzeitlich den Markt erobert. Zweimal gewann man zuletzt den Deutschen Phantastik Preises in der Kategorie Bester Roman, mit Charlaine Harris hat man eine Bestsellerautorin unter Vertrag und bedient mit der neu gestarteten Steam-Punk-Edition zudem endlich einmal Fans dieses Subgenres. Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr sprach mit dem Verleger Oliver Hoffmann.

Hallo Herr Hoffmann. Wie kommt man auf die Idee, einen eigenen Verlag – noch dazu im Bereich der Phantastik – zu starten?

Eigentlich haben wir vor über 20 Jahren als reiner Rollenspiel-Verlag auf Fan-Niveau angefangen. Wir haben viel gespielt, vornehmlich eigene Szenarien, und damals boomten gerade im Selbstverlag publizierte Universalabenteuer. Da dachten wir „Das können wir auch“ und haben einfach losgelegt. Ich hatte allerdings von Anfang an den Traum, auch Romane zu verlegen, und deshalb gab es von Anfang an die Bezeichnung „Verlag für phantastische Literatur und Rollenspiel“.

Sie fingen mit Büchern zu Spielen und Regelwerken zu Rollenspielen an. Da gab und gibt es, abgesehen von FanPro, kaum Konkurrenz. Wie fanden und finden Sie ihre Leser und Käufer? Läuft da nicht Vieles über Mundpropaganda?

Nun, Fantasy Productions spielt in dem Genre eigentlich kaum noch eine Rolle, das Erbe von FanPro als DSA-Verlag hat ja Ulisses angetreten. Die wiederum sehen wir nicht als Konkurrenz, sondern als befreundete Mitbeackerer desselben zunehmend karger werdenden Bodens. Aber Sie haben recht: Vieles läuft über Mundpropaganda, das Netz spielt sicher eine große Rolle – zumal uns die Werbebudgets der großen Publikumsverlage ja leider fehlen.

Später kamen zu den Regelwerken Comics und erste Romane hinzu. Nach welchen Gesichtspunkten haben Sie Ihre wirtschaftliche Ausrichtung und Expansion erwogen?

Das stimmt – wir haben irgendwann mit Romanen zu unseren Spiellinien angefangen, der Schritt lag nahe. Uns war damals schon klar, dass Rollenspiel als einzige Säule einen Verlag langfristig nicht würde ernähren können. Wir sind aber alle echte Bücher-Menschen, also haben wir Artverwandtes im Printbereich gesucht. Und apropos Mundpropaganda: „Dork Tower“, die Comics, mit denen wir dieses Genre getestet haben, waren damals eine Empfehlung eines Freundes unseres Hauses, der heute bei den Kollegen von HASBRO tätig ist.

Inhaltlich haben Sie sich zunächst auf Urban Fantasy konzentriert. Bei Feder & Schwert erschienen dann die ersten 3 der Sookie-Stockhouse-Romane von Charlaine Harris, bevor diese bei dtv fortgesetzt wurden. Wie kam es dazu, dass Feder & Schwert diese Erfolgsserie – immerhin stehen die Romane regelmäßig auf der Bestsellerliste der „New York Times“ – an Land ziehen konnte?

Urban Fantasy war der logische erste Schritt weg von den spielbezogenen Romanen. Wir haben, inspiriert vom Erfolg unseres Rollenspiels „Vampire: Die Maskerade“, Vampir-Fiction gemacht, lange bevor die großen Verlage dies als Trend erkannten und auf den Zug aufsprangen. Charlaine wurde uns damals von einer Agentur angeboten, mit der wie sehr viel und gern zusammenarbeiten. Ich war begeistert und habe sie gekauft; leider hat dtv später in diese Reihe hineingegrätscht. Wir dürfen in aller Bescheidenheit sagen, das Potential von „True Blood“ erkannt zu haben, als Charlaine im Mystery-Bereich noch ein total unbeschriebenes Blatt war.

Anders lief es mit Tanja Huffs „Chroniken des Blutes“. Die fünf zwischenzeitlich ebenfalls fürs Fernsehen verfilmten Romane kamen zunächst bei Ihnen heraus, bevor Lyx die Reihe in Lizenz übernahm – bestätigt das einen als Verleger, wenn man offensichtlich den richtigen Riecher hatte? Ich darf hier auch auf den Nebula Award für ihre Autorin Kage Baker hinweisen.

Es bestätigt und frustriert zugleich. Wir wissen sehr genau, dass in unserer Nische, also von Fantasy über Urban Was-auch-immer bis hin zu Steampunk, niemand einen besseren Riecher für Texte am Schnittpunkt von Qualität und Trend hat als wir. Das macht uns stolz und froh. Gleichzeitig ist es auch bitter, wenn eine Kollegin aus einem der großen Publikumsverlage mir sagt: „Ich muss ja nur in Frankfurt an Ihren Stand kommen, um zu sehen, was ich als nächstes einkaufen muss.“ Was Kage Baker angeht ... auf dieses Kleinod bin ich stolz. Wir werden in Bälde erfreulicherweise noch zwei Steam-Fantasy-Titel dieser leider zu für verstorbenen Autorin auflegen.

Ist das dann nicht frustrierend, wenn man eine solche Erfolgsserie wie die „Stockhouse“ abgeben muss?

Unsagbar, ja. Aber Geld regiert die Welt, und das sitzt nicht bei der Klasse, sondern eben eher bei der Masse.

Es fällt auf, dass Feder & Schwert, wo man sich ja zunächst auf Übersetzungen stützte, in den letzten Jahren vermehrt deutschsprachige Autoren publiziert. Sehen Sie sich auch als Talentförderer, macht es Sie stolz, wenn ihre eigenen Autoren – wie etwa Ju Honisch oder Oliver Plaschka – prämiert werden, ja, gar den Sprung zu Klett-Cotta schaffen?

Das Zauberwort heißt hier „origin“, unsere hauseigene Reihe für originelle, originäre Phantastik fernab der Völker- und sonstigen Trash-Fantasy. Wir sehen uns als Talentförderer, ja, und ich bin unsagbar stolz auf diese Reihe, ihre Autoren, die Resonanz beim Publikum und die Art, wie wir mit den Literaten, die wir uns da zusammensuchen, arbeiten können.

Anders als viele ihrer Konkurrenten präsentieren Sie ihre Romane konsequent im Taschenbuchformat? Warum haben Sie sich dem Trend ins Paperback verschlossen?

Warum sollte man einem Trend folgen, nur weil es ihn gibt? Weder wir noch der Kunde hat etwas von Paperbacks.

Auch inhaltlich suchen Sie immer nach Nischen. Oliver Plaschkas „FAIRWATER ODER DIE SPIEGEL DES HERRN BARTHOLOMEW“ bot ungewöhnliches Lesefutter, jetzt haben Sie gar eine eigene Steampunk-Reihe gestartet. Gerade letztere Genre hat es bei uns ja sehr schwer. Reizt Sie gerade dies, Türen in deutschen Buchhandlungen zu öffnen? Und wie kamen Sie zu Steampunk? ein persönliches Steckenpferd?

Fachverlage wie wir müssen ihr Heil in der Nische suchen und dort besser sein als der Generalist. Auch hier sind wir wieder Trendsetter, ob wir wollen oder nicht wir hatten uns Steampunk Ende letzten Jahres auf die Fahnen geschrieben, das große Erwachen rollte durch das deutsche Verlagsgewerbe, und im Oktober in Frankfurt konnte man dem Dampf, der aus aller Welt Regalen quoll, kaum noch ausweichen. Leider ist es aber immer noch nicht so, dass etwas in den deutschen Buchhandlungen seht, nur weil wir es toll finden und eine Lanze dafür brechen. Steampunk ist übrigens in der Tat eine Herzensangelegenheit für mich und meinen Kollegen, unseren Art Director Oliver Graute, dem wir unter anderem das wunderbare Logo zu dieser Reihe verdanken.

Neben eigenen Büchern bieten Sie auch Dienstleistungen an. Wer wendet sich an Sie, wie können Sie hier fachlich kompetent helfen?

Zum einen sind es Firmen, die etwa Computerspiele im phantastischen Bereich lokalisieren beziehungsweise realisieren mögen und auf unsere Kompetenz als Übersetzer und Texter zurückgreifen. Zum anderen aber sind es vor allem Verlage, aber auch andere Firmen, die mit Hilfe von ARGs und anderen Storytelling Techniques Produkte spielerisch bewerben wollen, Für sie werden wir konzeptionell und in der konkreten Umsetzung tätig.

Sind Sie gar als literarische Agentur engagiert? Oder wäre dies ein Feld, das Sie für eine Expansion noch im Auge haben?

Nein, es gibt kompetente Menschen wie die Agentur Schmidt & Abrahams, aber auch weitere Kollegen aus der BRD und der Schweiz, mit denen wir gerne zusammenarbeiten und die das weit besser und kompetenter machen, als wir es je könnten. Denen überlasse ich gern dieses Feld.

Es fällt auf, dass Sie als Verlag zwar ein sehr starkes Standbein im Rollenspiel-Bereich haben, von vielen Fantasy-Fans aber kaum wahrgenommen werden. Während andere Verlage in Blogs und Newsgroups präsent sind, wissen viele Leser kaum, dass es Feder & Schwert gibt, werden auf Ihre Novitäten selten hingewiesen. Wie kommt dies, sind die Zielgruppen zu unterschiedlich, was unternehmen Sie, um hier sich besser im Markt zu platzieren?

Hier haben wir sicher ein Defizit, zumal Rollenspiel in unserem Haus zunehmend an Bedeutung verliert. Das hat sicher nicht zuletzt mit meinem Misstrauen gegenüber den zweifelhaften Segnungen des sogenannten Web 2.0 zu tun, aber da muss ich wohl durch. Ich hoffe sehr, Gespräche wie dieses können dazu beitragen, unserem Kernzielpublikum, nämlich abenteuerlustigen, im guten Sinne neu-gierigen Lesern zu zeigen, wie gut wir sind.

An der Popularität der Werke kann es ja kaum liegen – ich verweise nur auf die erfolgreichen Autoren beim dpp?

Das stimmt, aber wir sind leider zu wenig präsent im Buchhandel, was nicht zuletzt an einem Verdrängungswettkampf der großen Verlage liegt. Wenn aber potentielle Kunden unsere Bücher nicht sehen, werden sie sie naturgemäß auch nicht kaufen.

Auf welche Bücher-Highlights kann sich der Fan in der nächsten Zeit freuen? Können Sie uns ein wenig den Mund wässrig machen? Was haben Sie in Vorbereitung?

Nun, wir haben sehr zu unserer Freude die Harry-Dresden-Romane von Jim Butcher übernehmen können. Desweiteren geht es bei „origin“ weiter, und zwar diesmal mit einem sehr außergewöhnlichen, cyberpunkig angehauchten Thriller namens „Fieberquell“, und natürlich werden wir mit den Titeln „Die Götter von Whitechapel“ und „Alice im Dampfland“ den Steampunk weiter pflegen. Ach ja – und wir gehen mit einer Krimireihe von Charlaine Harris ganz ohne Mystery-Elemente, aber mit der gewohnten Prise Südstaaten-Skurrilität an den Start.

Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen und dem Verlag für die Zukunft alles Gute.


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