Mascha Vassena: Das Schattenhaus (Buch)

Mascha Vassena
Das Schattenhaus
Piper, 2014, Taschenbuch, 320 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-492-30325-5 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Nach dem Tod ihrer Mutter setzt Anna seit vielen Jahren erstmals wieder den Fuß in ihren Heimatort, aber nur um ihre Tochter Rike, die von der Großmutter aufgezogen wurde, zu sich zu nehmen und zu erfahren, dass sie im Tessin ein Haus geerbt hat. Gemeinsam fahren Anna und Rike nach Vignano, um das Gebäude anzusehen und schnellstens zu verkaufen. Mit dem Geld will sich Anna eine Zukunft aufbauen und Rike endlich ein Heim bieten.

Das Haus entpuppt sich als ziemlich heruntergekommen, doch mit der Hilfe des handwerklich geschickten Luka will sie es wieder herrichten, um einen besseren Preis zu erzielen. Da man ihr wenig über den Hintergrund dieses Erbes sagen kann – eher: will! –, beginnt Anna, Nachforschungen anzustellen und die alten Briefe ihrer Mutter zu lesen, die beim Entrümpeln auftauchen.

Immer mehr gewöhnen sich Anna und Rike an das Haus, an Vignano und seine Bewohner, an das schöne Tessin, so dass beiden der Gedanke immer besser gefällt, das Erbe zu behalten und eine Pension aufzumachen. Es gibt nur zwei Probleme: Daniele, der Bürgermeister und Arzt, in den sich Anna verliebt hat und der sie aus Gründen, die sie selbst herausfinden muss, auf Distanz hält, und die alte Frau in dem Haus, die sich niemandem zeigt und ihre Räume seit Jahrzehnten nicht mehr verlassen hat.

Und plötzlich ist Rike verschwunden – nachdem sie Anna und Luka zusammen überrascht hat…

„Das Schattenhaus“ ist ein solider Unterhaltungsroman, der traditionelle Muster aufgreift und gefällig verknüpft: Eine junge Frau erbt ein Haus, kommt dadurch einem Familiengeheimnis auf die Spur und gerät gemeinsam mit den Menschen, die sie liebt, in große Gefahr, da jemand Rache üben will für ein vermeintliches Unrecht. Ausgeschmückt wird das Kernthema durch die generationenübergreifenden, sich wiederholenden Mutter-Tochter-Konflikte und romantischen Tragödien, die das Handeln von Simona (Großmutter) und Anna bestimmen, was wiederum Folgen für Rike hat(te). Natürlich fehlt auch die Romanze mit relativ kleinen Hindernissen nicht, die schnell beiseite geräumt sind.

Mascha Vassena erzählt die Geschichte aufgeteilt in zwei Handlungs- und Zeitebenen. In der Gegenwart bringt Anna Licht ins Dunkle um ihre Herkunft und versucht, für sich und Rike ein gemeinsames Heim zu schaffen, während die tragische Vergangenheit einer weiteren Person nach und nach enthüllt und aufgezeigt wird, wie sich selbstverschuldete Geschehnisse auf Außenstehende auswirkten und jetzt zu einer großen Gefahr eskalieren.

Die beiden Hauptfiguren, die dabei aufeinandertreffen, könnten vordergründig nicht gegensätzlicher sein, haben aber auch viele Gemeinsamkeiten: Beide schätzen ihre persönliche Freiheit und lassen die Familie hinter sich, um ihr Glück zu finden. Keiner gelingt es, sich etwas aufzubauen oder das angestrebte Ziel zu realisieren. In dem einen Fall, dessen Startbedingungen günstig schienen, zerstört der Egoismus letztendlich alle Optionen; in dem anderen Fall, der von Problemen überschattet wurde, bringen Einsicht und Tatkraft ein Happy End in Reichweite.

Die Autorin zieht den Leser durch ihren flüssigen Stil und die spannend inszenierte Erzählung schnell in die Handlung und lässt ihn nicht mehr los. Man will wissen, welche Details das Drama ins Rollen brachten und wie es ausgeht. Obschon das Thema wohlbekannt und die Entwicklung vorhersehbar ist, die Charaktere den gängigen Archetypen entsprechen und der Hauptzielgruppe – Frauen zwischen 15 und 45 Jahre – mit Anna eine einfache Identifikationsfigur geboten wird, der Roman somit in der Summe nichts beinhaltet, was man nicht irgendwo und irgendwann schon einmal gelesen hat, hat man doch Spaß an der kurzweiligen, entspannenden Lektüre, die ideal für den Urlaub ist.