The Star Wars – Die Urfassung (Comic)

J. W. Rinzler nach einem Drehbuchentwurf von George Lucas
The Star Wars – Die Urfassung
(The Star Wars 0-8, 2013/2014)
Aus dem Amerikanischen von Mark Winter
Cover von Nick Runge
Zeichnungen von Mike Mayhew, Scott Kolins, Sean Cooke, Kilian Plunkett u.a.
Panini, 2014, Hardcover, 216 Seiten, 24,99 EUR, ISBN 978-3-95798-046-5

Von Irene Salzmann

Die Jedi-Ritter wurden von den Imperium treuen Sith nahezu ausgelöscht. Nun plant das Imperium, sich die letzten freien Sonnensysteme einzuverleiben. König Kayos und Königin Breha von Aquilae leisten weiterhin Widerstand und können sich nicht vorstellen, dass das Imperium tatsächlich einen Krieg beginnen würde, um seine Ziele durchzusetzen. Als sie endlich auf die Warnungen von General Luke Skywalker hören, ist es zu spät.

Dem Angriff, der von einer gigantischen Raumbasis ausgeführt wird, haben die Verteidiger nichts entgegenzusetzen. Der König wird getötet, die Königin kann sich verstecken, die Kinder des Paares – Prinzessin Leia und die Zwillinge Biggs und Windy – werden von Skywalker, seinem Padawan Annikin Starkiller, dem Agenten Captain Clieg Whitsun und dem Schmuggler Han Solo in Sicherheit gebracht.

Doch weit kommen die Flüchtlinge nicht, denn sie befinden sich inmitten ihrer Feinde, die die Kinder in ihre Gewalt bringen wollen, da die unter Folter erpresse Zustimmung von Leia, der Thronfolgerin, die Herrschaftsansprüche des Imperators über Aquilae legitimieren würde. Als kaum noch Hoffnung besteht, erhalten Skywalker und seine Gefährten Hilfe von Personen, von denen sie es nicht erwartet hätten.

„Die Urfassung – Nach dem ersten Entwurf des Drehbuchs von George Lucas“, so steht es unten auf dem Cover, damit dem Leser klar ist, dass er mit diesem edel gestalteten Hardcover-Band keinen Comic zu den bekannten „Star Wars“-Filmen oder eine neue Geschichte, die deren Handlung ergänzt, erhält, sondern dass es sich um eine eigenständige Saga handelt, die nun adaptiert wurde und deren Drehbuchfassung mit einem Plot aufwartet, aus dem sich das bekannte Spektakel entwickelt hat, das von den Fans so innig geliebt wird. Und so, wie es der vorliegende Comic präsentiert, hätte das bekannte „Star Wars“-Universum aussehen können!

Beim Lesen fallen sofort die Unterschiede genauso wie die Gemeinsamkeiten auf. Beispielsweise agieren hier schon Charaktere namens Darth Vader, Luke Skywalker, Han Solo, Prinzessin Leia sowie die Androiden R2D2 und C3PO, doch nur die drei Letztgenannten entsprechen optisch weitgehend ihrer endgültigen Version. Annikin Starkiller, der hier den jungen Luke aus dem Film verkörpert, liefert außerdem die Vorlage für Anakin Skywalker. Weitere Figuren, die eine kleinere oder größere Rolle innehaben, tauchen in kurzen Szenen auf und werden namentlich genannt, anders hätte man sie nicht erkannt. Wieder welche fehlen gänzlich. Man weiß jedoch nicht, wie viele von ihnen George Lucas bereits entwickelt hatte oder von „Star Wars“-Spezialist J. R. Winzler sorgfältig integriert wurden.

Das Setting und der Konflikt sind ähnlich gehalten, denn das Imperium will sich jedes Sonnensystem einverleiben gegen den Willen der jeweiligen Bewohner. Die Raumstation, die am Angriff auf Aquilae maßgeblich beteiligt ist, erinnert an den Todesstern. Es gibt eine Raumschlacht und Kämpfe mit den Stormtroopers. Die Sith jagen die Jedi, greifen aber erstaunlicherweise nicht so ein, wie es der Imperator und Darth Vader gern hätten. Er und die Sith bleiben recht blass und werden ihrer Aufgabe als Bösewichte kaum gerecht. Natürlich wird auch eine Romanze eingebunden, und die beiden Droiden sorgen mit ihren Kommentaren für eine Prise Humor.

Zweifellos hat auch diese auf dem Erstentwurf basierende Geschichte ihren Reiz, wirkt aber nicht ganz so dramatisch und ausgefeilt wie die Filme IV bis VI (chronologisch nummeriert). Die anschließende Weiterentwicklung des Plots hat so manche Verbesserung gebracht und auch die Charaktere in faszinierender Weise geformt. Eigentlich kann man sich „Star Wars“ gar nicht vorstellen ohne den jungen, reifenden Luke, die toughe Leia und, und… und ganz ehrlich: Den charmanten Film-Han-Solo mag bestimmt jeder lieber als die Wookie/Hulk ähnliche Urversion.

Man könnte nun noch lang und breit über die Parallelen und Unterschiede, was gut und weniger gut ist, diskutieren, aber dann bliebe dem Leser kaum noch etwas zum Entdecken, daher lieber einige Worte zu den Illustrationen und den Extras.

Die Zeichnungen sind comichaft-realistisch angelegt und aufwändig koloriert, die Panel-Aufteilung ist abwechslungsreich. Gern verweilt man bei manch aufwändiger Abbildung länger, um die Details zu betrachten. Mit den Coverillustrationen, die sich auch als Filmplakat gut eignen würden, können sie allerdings nicht mithalten.

Auf den achtteiligen Comic, der komplett vorliegt, folgt ein „Handbuch“, bei dem es sich um eine Auswahl von Skizzen und ausgeführten Zeichnungen sowie Erläuterungen handelt, wie aus der Drehbuchverlage der „The Star Wars“-Comic entwickelt wurde und auf welche Details bei den Hintergründen und dem Charakterdesign Wert gelegt wurde.

Ferner findet sich ein kurzer Comic, der wie eine Mischung aus „The Star Wars“ und „Star Wars“ wirkt und angefertigt wurde, um George Lucas von diesem Projekt zu überzeugen.

Sammlern bietet dieser sehr schöne Comic-Band neue Einblicke in das „Star Wars“-Universum, wie es beinahe ausgesehen hätte. Doch auch wenn man einfach nur ein unterhaltsames, ansprechend gezeichnetes SF-Abenteuer lesen möchte – wobei man „Star Wars“ nicht einmal kennen muss –, kommt man ganz auf seine Kosten.

Ein rundum gelungene Graphic Novel, die optisch und inhaltlich auch durch die Extras sehr gefällig ist und die Käufer garantiert nicht enttäuschen wird!