Ramsey Campbell: Die Offenbarungen des Glaaki (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 03. Juli 2014 11:25
Ramsey Campbell
Die Offenbarungen des Glaaki
(Cold Print)
H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens 33
Aus dem Englischen übersetzt von Alexander Amberg
Titelillustration von Giorgio Grecu
Festa, 2014, Hardcover, 314 Seiten, 28,00 EUR, ISBN 978-3-86552-276-4 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Schaut man sich die Veröffentlichungen des Briten Ramsey Campbell im deutschen Sprachraum an, so wird der interessierte Leser und Fan gehobenen Horrors auf erstaunlich wenig Bücher treffen.
Die Abfrage bei den gängigen Anbietern bringt „Gesichter der Vergangenheit“, „Unter Einfluss“, „Alptraumwelten“, „Besessen“ (jeweils Knaur), „Hungriger Mond“ sowie „Ein Reiseführer“ (je Edition Phantasia), „Dämonen bei Tag“ (Edition Metzengerstein), „Späte Gäste“ (Bastei Lübbe), „Gespenstersuche“ (Heyne) sowie „Hungriger Mond“/“Das Kettenbriefmassaker“ (Area Verlag) sowie einzelne Kurzgeschichten, die in Anthologien Aufnahme fanden. Dies mag auf den ersten Blick nach nicht wenigen Veröffentlichungen aussehen, erweist sich aber bei näherer Betrachtung als erschreckend dürftig.
Desweiteren sind die weit überwiegende Anzahl der Bände vor gut dreißig Jahren veröffentlicht worden, und bieten auch zahlenmäßig angesichts der Fülle an Material, das Campbell über die Jahrzehnte publiziert, hat erschreckend wenig an.
Umso mehr ist es zu begrüßen, dass eine seine gefeiertsten Kollectionen – „Cold Print“ –, in der er seine Geschichten um die Großen Alten zusammengefasst hat, aufgesplittet in zwei Bände, von denen der zweite für den Oktober bei Festa in Vorbereitung ist, auf Deutsch nun endlich auch bei uns publiziert wird.
Auch wenn die enthaltenen Geschichten eine gewisse Patina aufgelegt haben, wissen sie ihren Leser nach wie vor in ihren Bann zu ziehen.
Ich habe mir spaßeshalber einmal die US-Luxusausgabe aus der Scream Press aus dem Jahr 1985 aus dem Regal gezogen und durchgeblättert. Leider konnten die dort enthaltenen kongenialen Illustrationen aus der Werkstatt J. K. Potters für die deutsche Ausgabe nicht übernommen werden, doch vor den Augen des Rezipienten nehmen die unheimlich beeindruckenden Szenarien Campbell’scher Prägung auch so Gestalt an.
Inhaltlich fällt dem Fan der Großen Alten zunächst auf, dass Campbell ganz bewusst, und anders, als viele seiner Kollegen, seine Handlung jeweils im heimischen England ansiedelt. Statt der Ostküste der USA nutzt der Autor die ihm bekannten Orte wie London, Cornwall und die nördliche Küstenregion, um dort von den Großen Alten zu berichten.
Weiter auffällig, dass er ganz bewusst diejenigen Geschichten Lovecrafts als Vorbild wählt, in denen dieser den Einbruch von Aliens in unsere Welt beschrieben hat. So sind Campbells Geschöpfe Wesen, die aus anderen Dimensionen auf die Erde gekommen sind oder zu kommen trachten, die hier gestrandet sind, oder hier eingekerkert wurden. Ihnen gemein ist, dass sie versuchen, ihrem Gefängnis zu entkommen und die Erde sowie die Menschheit unter ihre Herrschaft zu zwingen.
Das liest sich oft anders, zum Teil ganz anders als die Vorbilder, ist aber gerade deshalb faszinierend eigenständig und hat mich auch beim zweiten Leser an die Seiten gebannt.
Wer eine mehr oder minder gelungene Nachahmung Lovecraft’scher Texte sucht, der wird hier eher nicht fündig werden. Campbell bemüht sich erfolgreich, seinen eigenen Weg zu gehen, sucht und findet seine Darstellungsmöglichkeiten und bereichert auf diese Weise das Universum der Großen Alten mit einer ureigenen Schöpfung, die anders und doch ähnlich den Vorbildern ihre Leser das Fürchten lehrt.