Meyer, Stephenie: Biss zur Mittagsstunde (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 22. Juli 2009 01:00
Stephenie Meyer
Biss zur Mittagsstunde
Bella und Edward 2
(New Moon, 2006)
Aus dem Amerikanischen von Sylke Hachmeister
Piper, 2009, Taschenbuch, 560 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-492-25150-1
Von Irene Salzmann
Bella Swan und Edward Cullen sind ineinander verliebt, aber etwas überschattet ihre Beziehung: Während Edward für alle Zeiten 17 Jahre jung bleiben wird, feiert Bella bereits ihren 18. Geburtstag, altert mit jedem Tag – und muss irgendwann sterben. Da sie sich ihrer Gefühle sicher ist, möchte Bella sich wandeln lassen, aber Edward lehnt ab, da das Leben eines Vampirs gefährlich ist und viele Nachteile hat.
Doch sich als Mensch unter Blutsaugern zu bewegen, ist mindestens so riskant. Das zeigt sich, als sich Bella im Haus der Cullens verletzt. Beinahe kommt es wegen der winzigen Wunde zu einer Katastrophe. Daraufhin distanziert sich Edward von Bella, und kurz darauf verlässt die Familie das verschlafene Nest Forks.
Bella versinkt in Depressionen. Als ihr Vater nach sorgenvollen Monaten nicht mehr weiter weiß und erwägt, Bella zu ihrer Mutter ins sonnige Arizona zu schicken, bemüht sich das Mädchen ihm zuliebe um den Anschein der Normalität. Nur deshalb erneuert sie auch die Freundschaft zu Jacob Blake, der zwei Jahre jünger als sie ist und zu den Quileuten gehört. Die gemeinsamen Stunden heilen nach und nach die Wunde, die Edwards Verschwinden geschlagen hat.
Obwohl Bella Jakes tiefe Gefühle nicht erwidert, will sie seine Gegenwart nicht missen. Als auch er sich plötzlich von ihr zurückzieht und sie von seinem Vater konsequent abgewimmelt wird, droht für Bella erneut, alles zusammenzubrechen. Aber diesmal ist sie hartnäckig und kommt dem unheimlichen Geheimnis, das Jake mit einigen anderen Jugendlichen teilt, auf die Spur. Die Clique um Sam Uely ist die Verkörperung einer uralten Legende und die Reaktion auf die Anwesenheit von Vampiren.
Und dann überschlagen sich auch schon die Ereignisse: Die Vampirin Victoria kehrt zurück und plant Bella zu töten, um sich für den Verlust ihres Gefährten zu rächen, der durch Edwards Hand starb. Ein Missverständnis lässt Edward glauben, Bella hätte sich aus Kummer umgebracht, so dass er in Italien den mächtigen Volturi-Clan herausfordern will, um den Tod zu finden. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, der Bella und Alice, Edwards Schwester, in große Gefahr bringt …
»Biss zur Mittagsstunde« beginnt einige Monate nach dem Ende von »Biss zum Morgengrauen«. Bella und Edward sind ein Paar, doch ist ihre Beziehung nach wie vor kompliziert. Eine Bagatelle zwingt die Vampire, Forks zu verlassen – was ohnehin notwendig wurde, da man sonst bemerkt hätte, dass sie nicht altern. Prompt glaubt Bella, dass Edwards Liebe erloschen sei, denn er tilgte nahezu alle seine Spuren aus ihrem Leben. Enttäuscht, verletzt und wütend zugleich beschließt sie, sich ebenfalls nicht mehr an gegebene Versprechen zu halten und sucht den Thrill in gefährlichen Aktionen. Als sie erkennt, dass sie in diesen Momenten Edwards Stimme ›hören‹ kann, die sie warnt, wird sie umso waghalsiger.
Das ist im Prinzip auch schon die ganze Handlung des Buchs: Bella hadert mit ihrem Schicksal, jammert, trauert und schlägt über die Stränge. Nach und nach lässt sie zwar die ärgsten Depressionen hinter sich, doch kann sie in ihrem alten Freundeskreis nicht mehr richtig Fuß fassen. Stattdessen verbringt sie viel Zeit im Reservat der Quileute und freundet sich mit Jake an, der schon seit ihrer ersten Begegnung in sie verknallt ist. Hoffte man nun auf einige romantische Szenen zwischen Bella und Jake bzw. eine Dreiecksbeziehung mit Pfeffer, so wird man enttäuscht. Die Freundschaft der beiden bleibt einseitig und platonisch, Bella träumt weiterhin bloß von Edward und nutzt die Gefühle des Jüngeren skrupellos aus – was sie sich auch eingesteht, anderenfalls hätte sie an Leser-Sympathien eingebüßt.
Selbst der Versuch, spannende Szenen zu inszenieren, vermag nicht zu überzeugen. Als der Vampir Laurent Bella töten will, ist sofort Deus ex Machina zur Stelle, und natürlich weiß man, wer in dieser Rolle steckt. Victoria, auf deren Geheiß hin Laurent Erkundigungen anstellte, bleibt im Hintergrund – für ein anderes Buch. Der eigentliche Höhepunkt, die Suche nach Edward und die Begegnung mit den exzentrischen Volturi, wird kurz abgehandelt und führt die dahin plätschernde Geschichte nicht aus der Beziehungsmonotonie hinaus.
Einige Logikfehler haben sich zudem eingeschlichen. Man wundert sich z. B., weshalb sich die Werwölfe erst nach dem Weggang der Cullens manifestieren und nicht bereits in den Jahren der unmittelbaren Nachbarschaft. Ferner scheint die Autorin wenig Ahnung von Motorrädern zu haben, denn sie wartet nur mit einem Namen – Harley Davidson – auf, den selbst jene schon einmal gehört haben, die sich gar nicht für die Materie interessieren. Anderenfalls hätte sie dieses Modell der kleinen Bella und nicht Jake zugestanden und gewusst, dass ein Teenager kaum in der Lage ist, ein ca. 200 kg schweres Motorrad problemlos auf die Ladefläche eines Transporters zu heben oder es nach einem Sturz aufzurichten.
Stephenie Meyer schreibt durchaus flüssig und zieht Leser und vor allem Leserinnen ab 13 Jahren in den Bann, doch für einen phantastischen Roman – und dazu noch für einen Bestseller – bietet »Biss zur Mittagsstunde« wie schon sein Vorgänger einfach zu wenig. Man vermisst die Faszination des Unheimlichen, spannende Entwicklungen, die man mit Vampiren und Werwölfen verbindet, und überraschende Wendungen. Stattdessen ist alles vorhersehbar – und man bekommt nichts anderes geboten als eine Teenie-Romanze mit einer Prise Mystery, die nicht ganz so albern ist wie viele Episoden von »Buffy the Vampire-Slayer«.
Man muss »Biss zum Morgengrauen« nicht gelesen haben, um den Geschehnissen folgen zu können, es empfiehlt sich aber, da immer wieder Bezug auf frühere Ereignisse und Personen genommen wird. Trifft die Lektüre den Nerv, wird man gewiss auch »Biss zum Abendrot« und das Finale »Biss zum Ende der Nacht« lesen wollen.
Stephenie Meyer schwimmt auf der nun schon seit längerem beliebten Welle der Paranormal Romances mit und wendet sich mit ihrer »Bella und Edward«-Serie, von der insgesamt vier Bände vorliegen, vor allem an jugendliche Leser, die softe Liebesgeschichten mögen, welche um Archetypen der Phantastik kreisen. Die Jugendbuch-Ausgabe von »Biss zur Mittagsstunde« erschien 2007 im Carlsen Verlag.
Greift man zu diesem Titel, sollte man sich der Zielgruppe und des Genres bewusst sein, denn erwartet man spannende Action und Grusel oder eine etwas explizitere Romanze, dann ist man mit einem anderen Roman vermutlich besser beraten. Die Fans der Charaktere und alle, die den Kino-Film voller Begeisterung gesehen haben, kommen mit dem zweiten Band auch wieder auf ihre Kosten und werden dem dritten und vierten Teil, die sicher alle Antworten auf die noch offenen Fragen parat halten, entgegen fiebern.