Steffen Janssen (Hrsg.): Diabolos MMXIV (Buch)

Steffen Janssen (Hrsg.)
Diabolos MMXIV
Titelillustration von Timo Kümmel
Luzifer, 2014, Paperback mit Klappenbroschur, 540 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-943408-25-6 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Lesen Sie gerne? Möglichst Serien mit vielen Bänden, in die Sie mühelos eintauchen können, deren Hauptpersonen sie in- und auswendig kennen und bei denen Sie wissen, was Sie erwartet, wie die Handlung ablaufen wird? Nun, dann lassen Sie tunlichst die Finger von dem vorliegenden Buch, das ist definitiv nichts für sie. Wenn Sie aber offen sind gegenüber Neuem, wenn Sie sich gerne auf das Spiel mit einer unerwarteten Pointe einlassen, neugierig sind, was für Spielarten der unheimlichen Literatur es so gibt, wie unterschiedlich die Autoren ihre jeweilige Handlung aufziehen, dann hätte ich da etwas für Sie.

Es ist eine Anthologie: nein keine der üblichen dünnen Bändchen, die versuchen; ihre Gunst zu erheischen, sondern ein Ziegelstein von einer Super-Anthologie. Weit über 500 Seiten prall gefüllt mit Geschichten der besonderen Art warten darauf, dass Sie, ja ich meine genau Sie, sich Zeit für sie nehmen. Das heißt nicht, dass sie jetzt einen Lese-Marathon gewinnen müssen und die Storys herunterlesen sollen, dafür sind sie zu gut, haben die Verfasser zu viel Herzblut einfließen lassen. Mit Muße immer einmal wieder eine Geschichte genießen, diese auf sich wirken lassen, das zeichnet den Feinschmecker aus.

Vor Jahresfrist hat Verleger Steffen Janssen bereits einmal eine Anthologie aufgelegt. „Diabolos“ ward geboren, und überzeugte durch sprachlich wie inhaltlich mustergültige Beiträge.

Auch wenn sich Sammlungen von Kurzgeschichten, noch dazu von deutschsprachigen Autoren, nur, nun sagen wir einmal ein wenig zögerlich verkaufen, war der Zuspruch derer, die zugegriffen haben, so positiv, dass sich der Verlag entschloss, einen zweiten Band zu planen. Dieses Mal aber sollten auch angloamerikanische Autoren mit von der Partie sein, ohne dass die heimischen Verfasser vergessen würden.

Gesagt, getan und siehe da, erstaunlich viele durchaus namhafte Autoren sagten zu.

Schon äußerlich kommt das Buch Aufsehen erregend daher. Das genial von Timo Kümmel gestaltete Cover in Spotlackierung weckt das Interesse, der Inhalt überzeugt dann.

Erstaunlich war, dass die Beiträge der Vertreter deutscher Zunge sich hinter ihren Kollegen wahrlich nicht verstecken müssen. In den dreiundzwanzig Beiträgen kokettieren die Autoren mit gängigen Motiven, schocken mit grellen Beschreibungen ebenso wie mit unterschwelligen, atmosphärisch dichten Beiträgen.

Torsten Scheib etwa zeigt in geradezu exemplarischer Art und Weise in einem schockierend real wirkenden Sozialgemälde den Niedergang eines Mannes und seiner Familie, der seinen Job verlor, dann seine Selbstachtung und letztlich seine Hoffnung. Daneben gibt es Geschichten über Monster der menschlichen, teuflischen und sonstigen Art (unter anderem von A. P. Glonn, Mark Hodder), es gibt Gespenster (Uwe Voehl, Christian Enders) und verfluchte Häuser (Jonathan Green, Craig DiLouie), der Teufel geht um (Michael Dissieux) und auch ein lebendig Begrabener (Sören Prescher) darf nicht fehlen. Absonderliche Geschichten, wie etwa Chris Fowlers „Schloss Makelstein“ reihen sich an Storys über Besessenheit, makabere Beiträge – etwa unter der Überschrift „Biete Sex für Horror“ von Tobias Bachmann, wechseln sich mit der Beschreibung einer Rache aus dem Grab hinaus ab.

All diese Beiträge sind stilistisch wie inhaltlich überzeugend gestaltet, sind überraschend, schockierend, makaber und einzigartig. Hier bekommt der Leser einen Überblick über unterschiedlichste Spielarten der Phantastik, wird dabei bestens unterhalten, auch wenn das Herz so manches Mal im Hals klopft und das Lachen stecken bleibt. Aber ist es nicht genau dies, was wir im Bereich der Weird Fiction suchen? Nun, hier werden Sie fündig, also greifen Sie zu. Es lohnt sich.

Mit Beiträgen von A. P. Glonn, Mark Hodder, Uwe Voehl, Kealan Patrick Burke, Michael Siefener, Christopher Fowler, Christian Endres, Jonathan Green, Andreas Gruber, Adam Nevill, Tobias Bachmann, Craig DiLouie, Michael Dissieux, Arthur Gordon Wolf, Sören Prescher, Malte S. Sembten, Rona Walter, Markus K. Korb, George Mann, Lars Maly, Simon Clark, Torsten Scheib und D. J. Franzen.