Stuart Moore: Civil War (Buch)

Stuart Moore
Civil War
(Civil War. A Novel of the Marvel Universe, 2012)
Aus dem Amerikanischen von Andreas Kasprzak
Panini, 2014, Paperback mit Klappenbroschur, 332 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-8332-2875-9 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Die New Warriors versuchen, in Stamford eine Gruppe Superschurken zu inhaftieren, die nicht nur eine Nummer zu groß für sie sind, sondern die auch ihre Chance zurückzuschlagen skrupellos nutzen, weil die Jugendlichen durch ihr Posieren für eine Reality-TV-Show, welche ihnen mehr Popularität bringen soll, abgelenkt sind. Die Folge ist der Tod von (fast) allen New Warriors, die an dieser Mission teilnahmen, und der von hunderten Unschuldiger.

Diese Katastrophe nimmt die Regierung als Anlass, das Registrierungsgesetz für alle Personen mit speziellen Kräften, durchzudrücken. Wer seine Identität nicht offenlegt, sich nicht ausbilden lässt und sich weigert, für den Staat zu arbeiten, soll als Verbrecher arretiert werden. Während ein Teil der Betroffenen diese Regelung für notwendig hält, weil sie für die Bevölkerung eine große Gefahr durch unerfahrene Überwesen sieht und das immer noch besser ist, als eliminiert zu werden, befürchtet die andere Gruppe, dass ihre Angehörigen zu Opfern von Racheakten werden und die absolute Kontrolle zu Missbrauch durch die staatlichen Organisationen führt.

Die unterschiedlichen Ansichten treiben einen tiefen Keil zwischen die Avengers und ihre Freunde. Während sich die Befürworter um Tony Stark/Iron Man scharen, schließen sich die Gegner des Gesetzes Steve Rogers/Captain America an. Es dauert nicht lange, bis sich die Kontrahenten bis aufs Äußerste bekämpfen – mit neuerlichen tragischen Konsequenzen.

Die Geschichte ist mittlerweile oft genug erzählt worden, zum einen in den Heften des Mega-Events „Civil War“, zum anderen in verschiedenen „What if …?“-Ausgaben. Nun wurde die Graphic Novel, die die Haupthandlung zusammenfasst, als Vorlage für einen Roman herangezogen. Warum auch nicht, erfreuen sich derzeit Comic-Hefte und -Verfilmungen so großer Beliebtheit, dass sich die Verlage ins eigene Fleisch schneiden würden, nützten sie nicht die weiteren Merchandise-Möglichkeiten.

Positiv an dem vorliegenden Buch ist, dass es nicht bloß die Handlung beschreibt und Dialoge zitiert, wie dies mitunter (bei Film-Adaptionen) der Fall ist, sondern dass der Autor auch innere Monologe einbaut und die Protagonisten (vor allem Iron Man, Captain America, Peter Parker/Spider-Man und Susan Storm/Invisible Woman) die Geschehnisse reflektieren lässt. Zwar läuft dies, verglichen mit ‚normalen‘ Romanen (oder Romanen, die verfilmt beziehungsweise als Comic umgesetzt wurden), immer noch etwas auf Sparflamme, doch setzt Stuart Moore als Autor auch ganz andere Schwerpunkte.

Er bemüht sich, die Graphic Novel detailgetreu wiederzugeben und durch die Erwähnung möglichst vieler Marvel-Helden und -Schurken bei den Fans für den Aha-Effekt zu sorgen – andernfalls wäre auf die Nennung von Charakteren, die lediglich eine Mini-Rolle innehabe und nichts zum Handlungsverlauf beitragen (zum Beispiel Wolverine), verzichtet und dafür die Aktionen der Hauptfiguren ausgebaut worden. Das ist auch der Punkt, an dem sich die Geister scheiden, denn wer die Graphic Novel nicht kennt, würde Letzterem den Vorzug geben.

Gelungen ist die Aufbereitung des strittigen Themas. Unerfahrene Superhelden haben mehr Unheil angerichtet als Gutes bewirkt (wobei die Charakterisierung der New Warriors im Widerspruch zu ihrem in früheren Heften besonnenen Vorgehen steht und der Wunsch nach öffentlichem Beifall nichts Neues ist, kennt man dies beispielsweise aus den Serien „Youngblood“ und „Booster Gold“). Um ähnliche Desaster zu vermeiden, sollen alle Metawesen ihre Identitäten preisgeben und nach einer Schulung für den Staat arbeiten, was jedoch die Gefahr mit sich bringt, dass nicht nur die Helden und ihre Familien zu leichten Opfern von rachesüchtigen Verbrechern werden, sondern sie auch ihre Neutralität, durch die sie dem weltweiten Allgemeinwohl dienen, aufgeben müssen und zu Marionetten der US-Regierung werden. Da die Befürworter, deren Identitäten größtenteils bereits bekannt sind, als Aggressoren auftreten, weiß man, wo die Sympathien der Autoren und Zeichner liegen.

Die eskalierende Situation lässt so manchen Helden und Schurken seinen bisherigen Standpunkt überdenken und das Lager wechseln. Verrat, Experimente, die aus dem Ruder laufen, und die kompromisslose Einmischung der Organisation SHIELD führen letztendlich zu dem, was die Regierung und die Metawesen eigentlich hatten vermeiden wollen: noch mehr Opfer, insbesondere die Gefährdung der Zivilisten. Sowohl Iron Man als auch Captain America haben im Glaube, das Richtige zu tun, das eigentliche Ziel aus den Augen verloren – eine Metapher für viele reale Entwicklungen.

Der Roman endet nachvollziehbar und gleichzeitig offen, denn die Konsequenzen für einige der Beteiligten sind schon das Thema der nachfolgenden Comic-Storyline.

Die Story schreitet zügig voran und konzentriert sich auf die wichtigsten Protagonisten und wesentlichen Ereignisse. Man kann der Handlung auch problemlos folgen, wenn man die Comic-Hefte nicht kennt, doch erscheinen einem in dem Fall die Story doch ein wenig oberflächlich und die Aufzählung der involvierten Charaktere mit Kurzauftritten unnötig. Von daher möchte man diesen Titel und Romane über Superhelden lieber den eingefleischten Fans sowie dem Kino-Publikum ans Herz legen und sie Fantastik-Freunden nur bedingt empfehlen, wenn sie wenigstens schon mal in die zugrundeliegende(n) Serie(n) hinein geschnuppert haben.