Owen, James A.: Wo Drachen sind – Die Chroniken der Imaginarium Geographica 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 29. Juli 2009 01:00
James A. Owen
Wo Drachen sind
Die Chroniken der Imaginarium Geographica 1
(The Chronicles of the Imaginarium Geographica – Here There Be Dragons, 2006)
Aus dem Amerikanischen von Michaela Link
Titelbild und Innenillustrationen von James A. Owens
Karte von Jeremy Owen
cbj, 2007, Hardcover, 388 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-505-12555-3
Von Christel Scheja
Der 1969 geborene und heute mit seiner Familie in Arizona lebende James A. Owen kommt eigentlich aus dem Comic-Fach. Er ist Zeichner und Autor der Reihe »Starchild«. Freunde, unter ihnen auch Kai Meyer, ermutigten ihn, sich ganz als Autor zu versuchen, und so verfasste er auch mit diesem zusammen die leider nur kurzlebige »Mythenwelt«-Reihe. »Wo Drachen sind«, der Auftakt »Der Chroniken der Imaginarium Geographica«, ist sein erstes eigenständiges Werk im Jugendbuchbereich.
England im Jahr 1917. Der erste Weltkrieg hat seinen Höhepunkt erreicht, und ein Ende ist längst noch nicht abzusehen. Drei junge Männer erhalten einen Brief von Professor Sigurdsson, ihrem Mentor aus Oxford. Doch noch bevor sie seiner Einladung folgen können, wird der alte Wissenschaftler ermordet, und sie geraten unter Verdacht. Um lästigen Fragen der Polizei und Angriffen von Schattengestalten zu entgehen, folgen sie einem geheimnisvollen Mann namens Bert auf ein Schiff, nachdem er ihnen enthüllt hat, dass sie die Erben der ›Imaginarium Geographica‹ sind, eines Atlasses, in dem alle Länder der Welt verzeichnet sind, die sich je ein Mensch erdacht hat.
Auch wenn Charles, John und Jack zuerst nicht recht glauben wollen, was sie hören, werden sie schon bald eines Besseren belehrt. Denn der ›Indigo-Drache‹ ist mehr als nur ein archaisches Segelschiff. Er trägt sie durch die Nebel der Zeit und Phantasie in ein ganz besonderes Archipel, dessen Inselnamen den jungen Männern durchaus vertraut ist. Sie kreuzen quer über den Ruinen des versunkenen Atlantis und erreichen schließlich Avalon.
Dort enthüllt sich, dass sie mehr als nur die Hüter des Atlasses sind. Sie sind auch die Bewahrer des Friedens und Glücks der Bewohner. An ihnen ist es, die Ordnung wieder herzustellen, die einige ihrer Vorgänger aus Gier und Machtdünkel durcheinander gebracht haben. Die Drachen sind verschwunden, weil nicht länger ein Kind des wahren Blutes herrscht, und der Winterkönig bringt nach und nach Leid und Verderben über die Inseln.
Und so beginnt eine Reise durch die Welten der Phantasie und auf der Suche nach dem Wahren König, der Büchse der Pandora und nicht zuletzt den Drachen. Sie begegnen einer mutigen Seefahrerin, Noah, dem Erbauer der magischen Schiffe, die zwischen Wirklichkeit und Imagination umherreisen, und müssen schließlich feststellen, dass eines ihrer Ziele längst unter ihnen weilt und nicht alle ihre Begleiter bisher alles von sich erzählt haben. Nicht zuletzt kommt es auch auf ihre eigene Phantasie an, um die Finsternis zu besiegen.
Natürlich ist die Geschichte des Buches klassisch: Drei junge Männer reisen auf der Suche nach ihrer wahren Bestimmung und Bewährungsprobe in ein Land der Phantasie und erleben viele gefährliche Abenteuer. Vor allem die Artus-Sage mit ihren zentralen Figuren hat dabei Pate gestanden.
Dabei begegnen sie biblischen Persönlichkeiten wie Noah, Göttern und Sagengestalten aus der keltischen und griechisch-römischen Mythologie und nicht zuletzt Figuren aus Romanen, die sie selbst gelesen haben, wie Kapitän Nemo und seiner Nautilus oder den verlorenen Jungen aus »Peter Pan«. Und ihr Führer ist kein anderer als der Zeitreisende aus H. G. Wells’ Roman.
Sie selbst nehmen von dieser Reise einiges an Eindrücken mit, das sie später selbst verwenden werden, so wie den sprechenden Dachs Tümmler oder den altvorderen Königen des Argonath, die eher sprechende Bäume als humanoide Wesen sind. Denn nur ein paar Jahrzehnte später wird man sie selbst als Schöpfer imaginärer Länder kennen.
Alles in allem lebt das Buch durch die vielen Anspielungen, die man nur erkennen kann, wenn man die entsprechenden Werke der Weltliteratur kennt, angefangen mit den mythischen Geschichten des Altertums, den Abenteuern, die man sich in Mittelalter und Neuzeit erzählte, und nicht zuletzt den Werken von Poe, Barrie, Verne, Dickens, Andersen, Lewis und Tolkien und die eigenen Ideen, die der Autor damit verbindet.
Dabei gerät das eigentliche Abenteuer zwar manchmal ein wenig außer Kontrolle und wird unnötig in die Länge gezogen, die vielen Ideen entschädigen aber für diese Holpersteine im Verlauf der Geschichte.
Atmosphärisch und stimmungsvoll – im Stil der viktorianischen Kinderbuchillustrationen gehalten – sind die einleitenden Titelbilder zu jedem Kapitel, die die Geschehnisse noch plastischer machen.
Vor allem diejenigen, die sich bereits durch viele Werke der Weltliteratur oder zumindest Auszüge gelesen und auf diesen basierende Filme gesehen haben, werden ihren Spaß an »Wo Drachen sind« haben. Aber auch sonst kann man die Welt genießen, in der Phantasie alles bewirken kann – wenn man nur an sie und seine eigene Kraft glaubt.