Figatowski, Bartholomäus (Hrsg.): Wenn die Biiken brennen (Buch)
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- Veröffentlicht: Mittwoch, 29. Juli 2009 01:00
Bartholomäus Figatowski (Hrsg.)
Wenn die Biiken brennen
Titelbild von Rainer Schorm
Verlageinundsiebzig, 2009, Paperback, 200 Seiten, 12,90 EUR, ISBN 978-3-928905-76-3
Von Christel Scheja
Viele Regionen werden heute aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Natürlich gibt es die Reiseführer, die sachlich Sehenswürdigkeiten und Eigenheiten eines ganz bestimmten Landstrichs vorstellen; die Anekdotensammlungen, die die Natur der Menschen enthüllt; aber seit einigen Jahren werden auch die dunklere Seite und die mystischen Geheimnisse genauer unter die Lupe genommen und von eifrigen Autoren in Worte gefasst. Natürlich ist das meiste davon frei erfunden – aber manches beruht auch auf einem wahren Kern.
»Wenn die Biiken brennen« ist eine solche Geschichtensammlung. Siebzehn Autoren präsentieren in siebzehn bisher unveröffentlichten Geschichten einen Blick auf das Bundesland Schleswig Holstein, das an zwei verschiedene Meere grenzt und ganz unterschiedliche Gesichter hat. Und wer will behaupten, dass die Erkenntnisse und Erfahrungen, die die Hauptfiguren machen, nicht wirklich einmal wahr werden könnten?
Schon in der Titelgeschichte geht es phantastisch zu, denn ein »Biikenfeuer« auf der Insel Amrum lockt nicht nur fröhliche Menschen an sein Licht. Auch zwei Besucher aus dem Meer beschließen, ausgelassen zu feiern und zu tanzen und verändern damit das Leben zweier Menschen für immer. Doch Gewissensbisse haben sie als unsterbliche Zauberwesen der See nicht.
Anders der »Wassermann von Rungholt«, der vier Mädchen im vierzehnten Jahrhundert aus Dankbarkeit aus der zum Tode verurteilten Stadt rettet, nachdem sie ihm selbst Freundlichkeit gewährt und beschützt haben.
»Wellenkind« greift das Thema von Theodor Fontanes »Der Schimmelreiter« auf. Damit ein Deich nicht bricht, ist – altem Brauch zufolge – das Opfer eines Lebens notwendig. Doch das bewahrheitet sich anders, als man denkt.
Ein Mann überlebt die »Sturmflut«. Doch genau das hat er keinem lebenden Menschen zu verdanken sondern einem Mann, dessen Spuren er erst auf dem Friedhof wieder findet.
»Das Tagebuch meiner Großmutter« führt einen jungen Mann auf die Reise in die Vergangenheit und zu einem Geheimnis, das historische Ereignisse in einem anderen Licht erscheinen lassen könnte. Doch die Geister der Vergangenheit warnen ihn auf der Suche an der nordfriesischen Küste mehrfach: Manchmal ist es besser, alte Schriften ruhen zu lassen – und wer nicht auf sie hört …
Dies sind nur einige Geschichten, die zum größten Teil fest in unserer Welt verhaftet sind und das Übersinnliche nur andeuten und streifen. Geister und Schatten umgeben die Protagonisten, die die wildromantische Landschaft einfach nur genießen wollen oder in ihr leben, doch ihre Gesichter sind so vielfältig wie die Geschichten.
Mag die eine humorvoll und augenzwinkernd auf menschlichen Schwächen herum reiten, die andere lässt dafür schaudern und schlucken. Denn auch wenn die Begegnung mit dem Übernatürlichen glimpflich bleibt, so behalten die Menschen doch eine besondere Erinnerung zurück.
Die Auswahl der Texte ist jedenfalls gelungen und sehr vielfältig, so dass jeder seine Favoriten finden kann und nicht ganz von der Anthologie enttäuscht ist. Man merkt, dass die Autoren mit Begeisterung und dem richtigen Gefühl für die vielen Gesichter Schleswig-Holsteins an die Arbeit gegangen sind und durchaus Unterschiede heraus gearbeitet haben.
Weil auch der phantastische Aspekt bei den meisten Erzählungen gut durchdacht und stimmig mit den Mythen und Sagen der Region verbunden worden sind, kann man voll und ganz sagen, dass die Anthologie »Wenn die Biiken brennen« ihrem Anspruch mehr als gerecht wird.