Golias 2: Die Blume der Erinnerung (Comic)

Serge Le Tendre
Golias 2
Die Blume der Erinnerung
(Golias 2 – La Fleur du Souvenir, 2012)
Titelillustration und Zeichnungen von Jérôme Lereculey
Aus dem Französischen von Rossi Schreiber
Ehapa, 2014, Hardcover, 48 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-7704- 3748-1

Von Frank Drehmel

Golias von Ankinoë, sein hünenhafter Freund Konios und der alte Magier Sarhan erhoffen sich von der Priesterin im Tempel der Artemis in Ephesos weitere Hinweise auf die exakte Lage des Baums des Kronos’ und damit die Zauberblume, mit der sie den König von Farstal – Golias’ Vater – retten können. Die überaus freundliche Priesterin des Tempels erweist sich dabei zwar in jeder Hinsicht als hilfreich, eröffnet Golias jedoch, dass er Kronos nur dadurch besänftigen könne, indem er ihm zehn Jahre seines Lebens schenkt.

Während sie über den Markt der Stadt streifen, fällt ihnen eine verschleierte Frau ins Auge, deren Lyra-Spiel die Kunden eines Sklavenhändlers regelrecht in Kaufrausch versetzt. Da Golias in der Unbekannten seine verschollene Schwester Aerena zu erkennen glaubt, befreit er sie kurzerhand aus den Händen des feisten Händlers. Und in der Tat, es handelt sich um Aerena, die allerdings aufgrund eines traumatischen Erlebnisses – sie musste viele Monate als Sklavin der Sirenen mit ihrer Musik Seeleute ins Verderben locken und dabei zuschauen wie die Vogel-Mensch-Geschöpfe die Unglückseligen zerrissen – ihr Gedächtnis verloren hat und sich nun für eine Hexe hält.

Zu viert setzen sie die Reise übers Meer fort und erreichen schließlich nach einem blutigen Kampf mit den Sirenen, die ehedem Aerena versklavten, die Insel der Seligen, wo sich der unermesslich große Baum des Kronos’ befindet. Auch wenn das Ziel schon greifbar nahe scheint, so stehen ihnen dennoch einige schwere Kämpfe und überraschende Begegnungen mit den mythischen und gefährlichen Bewohnern des Eilands bevor.

Autor Serge le Tendre bleibt sich treu: Auch das zweite Album wartet mit abenteuerlicher, leichter mythologischer Fantasy auf, die ganz auf Vordergründigkeiten anstelle komplexer Figuren oder einer tiefgründigen Geschichte setzt. Die Handlung plätschert freundlich vor sich hin, Aerenas Befreiung – in physischer und psychischer Hinsicht – erscheint genauso dick aufgetragen, wie Kronos’ Preis fürs Wegschauen oder der Kampf mit den Sirenen, für die übrigens eine mythologisch ältere Vorlage – halb Vogel, halb Frau – Pate gestanden hat, und anstatt einer stringenten, an Kausalitäten orientierten Entwicklung bedient sich der Autor eher eines berichtenden Ansatzes, in dem das Neben- und Hintereinander dominieren. Gleichwohl und trotz übersichtlicher Spannungsbögen bleibt die Geschichte, die aufgrund ihrer Simplizität auch für Kinder geeignet ist, stets gefällig und unterhaltsam.

Entsprechendes gilt für die Visualisierung: ohne echte grafische oder kolorative Highlights oder Wow-Effekte kommt das farblich stimmungsvolle und stimmige Artwork unaufgeregt, freundlich und realismusnahe daher.

Fazit: Leichte mythologische Fantasy ohne großen Anspruch oder Tiefgang. Obgleich sich der Comic wegen seiner erzählerischen und visuellen Einfachheit eher an ein junges Publikum richtet, bietet es auch fortgeschrittenen Leser hinreichend Unterhaltung.