Lavie Tidhar: Bookman – Das ewige Empire 1 (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 05. März 2014 09:52
Lavie Tidhar
Bookman
Das ewige Empire 1
(The Bookman)
Aus dem israelischen Englisch übersetzt von Michael Koseler
Titelillustration von David Frankland
Piper, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 424 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-492-70242-3 (auch als eBook erhältlich)
Von Armin Möhle
„Bookman“ ist der erste in Deutschland publizierte Roman des israelischen Autors Lavie Tidhar und dem Subgenre des Steampunk zugehörig. Ihr wisst schon – jene Parallelwelten, in der fast alle Maschinen mit Dampf angetrieben werden…
Die Welt des „Bookman“ entscheidet sich nicht nur technischer Hinsicht von der unseren. Die Handlungszeit wird nicht angegeben und ist wohl Anfang des 20. Jahrhunderts zu verorten (wegen der Luftschiffe). Das britische Imperium wird von den Les Lézards, den Echsenkönigen, beherrscht, die der Entdecker Amerigo Vespucci auf Calibans Insel in der Karibik aufstöberte und die daraufhin Großbritannien usurpierten (mit welchen Mitteln wird nicht erwähnt).
Gegen sie kämpft der Bookman. Nach einem Attentat auf eine Theateraufführung kommt Lucy, die Geliebte des Protagonisten, des Nachwuchsdichters Orphan, beim Anschlag des Bookman auf die Marssonde ums Leben. Orphan entbrennt in Rache auf den Bookman. Als ihm bewusst wird, dass der Bookman über die Macht verfügt, Menschen ins Leben zurückzuholen, verbündet er sich mit ihm. Er soll Calibans Insel finden und dort den Abschuss der Marssonde verhindern. Nach einer Reise über den Ozean, einer Seeschlacht und einem Intermezzo bei Piraten erreicht er tatsächlich jene Insel.
Die wahre Identität der Echsen wird erfahrene SF-Leser nicht überraschen.
Das technische Sammelsurium aus Robotern, Simulacras, dampfbetriebenen Fahrzeugen, Luftschiffen, Weltraumkanonen und U-Booten wirkt nicht sonderlich plausibel, wenn die Maßstäbe konventioneller SF angelegt werden. Aber der Roman ist Steampunk, und die Intentionen des Autors sind andere. „Bookman“ ist gespickt mit literarischen Anspielungen – auf Romane und Theaterstücke, auf Autoren und Romanfiguren, die als handelnde Figuren in dem Roman auftauchen. Der Autor zeigt Spaß am Fabulieren. Die Konfrontation zwischen den Menschen und den ihnen nachempfundenden Simulacras wirft die Frage auf, ob Letztere eine eigene Identität entwickeln können. Die Darstellung der technischen Sujets des Steampunk ist also nicht unbedingt der Hauptzweck des routiniert erzählten Romans.
Die Nachfolgebände, „Camera Obscura“ und „The Great Game“ (siehe http://lavietidhar.wordpress.com, dort finden sich auch Infos zu den übrigen Romanen und Kurzgeschichten des Autors), sind bislang nicht als Übersetzungen in Deutschland angekündigt.
Übrigens: „Das ewige Empire“ ist eine Erfindung des Verlags. Aber das ändert nichts daran, dass Lavie Tidhar mit seinem „Bookman“ ein außergewöhnliches Debüt im deutschen Sprachraum gelungen ist, wenn auch zu einem hohen Preis. Als Taschenbuch hätte der Roman wahrscheinlich nur die Hälfte gekostet... Vielleicht entschließt sich der Verlag, die Nachfolgebände in einer günstigeren Publikationsform einer breiteren Leserschaft zugänglich zu machen.