Peter Ward: Invaders (Buch)

Peter Ward
Invaders
(Time Rep, 2013)
Aus dem Englischen von Michael Koseler
Cover: Timothy Starkey
Piper, 2013, Paperback mit Klappenbroschur, 382 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-492-70313-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Gunther Barnewald

Der vorliegende Roman ist der Erstling des jungen britischen Autors Peter Ward (Jahrgang 1980) und ist überraschend unterhaltsam und witzig geraten.

Protagonist des Buchs ist der junge Geoff Stamp, der bei einem älteren „Mitbewohner“ namens Tim lebt und dort, samt seinem Zimmer, vor sich hin gammelt. Den einzigen Job als Zeitungsausträger, den er jemals besaß, hat er verloren, da der Arbeitgeber fand, er sei inzwischen zu alt für diese Arbeit. Geoffs Eltern sind in die USA ausgewandert, wobei offen bleibt, ob ihnen der Jugendliche einfach nur völlig egal war oder sie vor ihm geflohen sind, um ihn endlich los zu werden. Geoffs einziges Hobby und Interesse ist es, vor diversen Medien seine Zeit zu verdaddeln. Vor allem liebt er Computerspiele, manchmal schaut er auch TV-Sendungen. Da Tim nie Miete will und ihn mit allem Lebenswichtigen versorgt, hat der junge Mann inzwischen jedweden Antrieb verloren, vor die Tür zu gehen oder Sozialkontakte zu pflegen. Ab und an schreibt er eine Bewerbung, aber so lustlos (er schreibt einfach nur kurz in das Anschreiben, dass er den Job gerne hätte, dies ist dann seine vollständige Bewerbung!), dass bisher nicht einmal die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch dabei herum gekommen ist.

Doch eines Tages erhält Geoff aus heiterem Himmel die große Chance: Ein Reiseunternehmen möchte ihn als Touristenführer verpflichten. Während Geoff sich noch ratlos fragt, warum man ausgerechnet einen Menschen wie ihn mit dem Antrieb einer Pflanze nimmt, erfährt er, dass er zeitreisende Touristen aus der Zukunft durch das London seiner Zeit führen soll. Um ihm zu beweisen, dass die ganze Chose kein lauer Scherz ist, nimmt man ihn mit auf Zeitreise, zeigt ihm den Einschlag des großen Meteoriten, welcher dereinst die Saurier auslöschte, und zudem den großen Brand von London im Jahre 1666. Als Geoff jedoch danach forscht, was denn eigentlich genau seine Einstellungsqualifikation gewesen sei, erhält er eine mehr als nur ernüchternde Antwort: Durch sein ganzes Verhalten sei Geoffrey Stamp ein dermaßen unwichtiger und unbedeutender Mensch, dass er in der Geschichte der Menschheit offensichtlich nicht die geringste Spur hinterlassen hat, lediglich in der Zukunft hat wegen seiner Person einmal eine Möwe in eine andere Richtung geblickt (!). Mit anderen Worten: Geoff ist unwichtiger als ein asiatischer Speisepilz (!), so hat es zumindest der scheinbar allmächtige Supercomputer der Zukunft berechnet.

Der arme Geoff ist entsetzt über diese Aussage, jedoch nicht völlig am Boden zerstört. Denn bald zeigt sich: Jemand manipuliert den doch nicht ganz so perfekten Supercomputer. Ein in einen Menschen umgewandelter Außerirdischer hat sich eingeschlichen bei der Zeitreisegesellschaft, denn die Varsarianer hatten in der Zukunft vergebens versucht, die Erde zu erobern und die Menschheit zu vernichten, waren durch die Zeitreisetechnik aber fast vollständig ausgelöscht worden. Doch nun greifen sie erneut in den Lauf der Zeit ein und versuchen ihre Invasion doch noch erfolgreich zu gestalten. Und siehe da: Ausgerechnet Geoff, die größte Flachpfeife Londons, ist der Schlüssel zu deren Erfolg oder auch Misserfolg...

Was wie eine wunderbar witzige Mischung aus Robert Sheckley und einem milden Douglas Adams mit einem Hauch der besseren Werke von A. Lee Martinez daherkommt, ist einer der amüsantesten Debütromane der letzten Jahre. Vor allem den jugendlichen Protagonisten muss man einfach gerne haben. Seine unbedarft bräsige Art, die dämlichen Fragen, die er zu den unpassendsten Zeitpunkten immer wieder stellt (und die der Autor in genialen Szenen goutiert) und seine desolate Lebenseinstellung sind einfach echte Brüller (wer allerdings in der Realität ähnliche Charaktereigenschaften wie Geoff hat oder unter jemandem wie ihm im häuslichen Haushalt leidet, findet das Ganze womöglich nicht so lustig!).

Wie Geoff dann doch noch zum Helden wird und die Menschheit retten soll, ist zum Glück bald gar nicht mehr so wichtig, denn ganz ernst sollte man die Handlung wohl nicht nehmen, denn durch die Logiklöcher dieser Erzählung könnten ganze Todessterne nicht nur mühelos fliegen, sondern darin sogar ganze Raummanöver abhalten. Hier werden wirklich sämtliche Zeitreise-Theorien nicht nur verbogen, sondern völlig geschreddert und pulverisiert! Aber das spielt gar keine Rolle, denn ernst nimmt der Autor weder sich selbst und sein Erstlingswerk, noch seinen schluffigen Protagonisten.

Ein herrlich abgedrehter Spaß mit Muskelkater-Gefahr für die Lachmuskeln (wenn man den köstlich-bescheuerten Humor Peter Wards mag). Wer Phantastik nicht immer allzu bierernst nimmt, der kommt bei „Invaders“ voll auf seine Kosten; wer zum Lachen aber in den Keller geht oder humorvolle SF als Blasphemie empfindet, der sollte besser die Finger von dem Buch lassen.