Jeffrey Thomas: Der Untergang der Hölle (Buch)

Jeffrey Thomas
Der Untergang der Hölle
(The Fall of Hades)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Patrick Baumann
Titelillustration von Anna Bastrzyk
Festa, 2013, Taschenbuch, 378 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-86552-247-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Die Hölle wurde gestürmt, Gott hat gerüchteweise Selbstmord begangen und Engel und Dämonen streiten mit den gemarterten Seelen um die Überreste des einstigen Sündenpfuhls. Seit Jahrhunderten liegt eine Frau in ihrem steinernen Sarg. Ohne Erinnerung daran, wer und wo sie ist, wacht sie eines Tages auf und kann sich aus ihrem Gefängnis befreien. Kurz darauf findet sie den metallumhüllten, lebenden Kopf ihres Vaters, der weiterhin in seiner ganz persönlichen Hölle leidet. Verfolgt von insektenähnlichen Dämonen beginnt die junge Frau ihre Flucht. Immer verfolgt von Dämonen aber auch Engeln und gemarterten Seelen, sucht sie nach Erkenntnis und Zuflucht.

Vee, wie das sprechende Knochengewehr, das sie auf ihrem Weg aufsammelt, sie nennt, erweist sich als Engel, der in der Hölle gestrandet ist. Einst war sie eine entschiedene Kämpferin Gottes, die zusammen mit ihrem Vater, der in seinem Leben als Fernsehprediger seine Meriten verdient hat, die Dämonen aktiv bekämpft hat. Doch auch die Hölle hat sich verändert – und das nicht zum Besseren. Wo früher Seelen gemartert wurden, wo es Ordnung im Chaos gab, ist nur mehr ein postapokalyptisches Gebäude geblieben, in dem sich dessen Bewohner im immerwährenden Kreislauf von Leid, Tod und Genesung befinden. Auf ihrem Weg vom untersten Stockwerk nach oben lernt Vee nicht nur Gemarterte, Engel und Dämonen kennen, sondern erkennt auch, dass sie eine wichtige Rolle für die und in der Hölle zu übernehmen hat...

Nach „Tagebuch aus der Hölle“, das mich ob des Handlungsortes und der abstrus-genialen Ideen begeisterte, wendet sich Jeffrey Thomas erneut dem Hades zu. Allerdings bleibt er mit dem Band, der keine direkte Fortsetzung darstellt, weit hinter dem ersten Teil zurück. Dies mag daran liegen, dass er seine Handlung auf ein Gebäude in der post-apokalyptischen Nachwelt beschränkt, aber auch an der Protagonistin. Vee, um bei dem Namen zu bleiben, bewegt sich reichlich ziel- und orientierungslos durch das Gebäude. Oft, zu häufig für meinen Geschmack, kriecht sie durch Rohre oder klettert marode Leitern herauf. Thomas hat hier Potential verschenkt, das er mit dem eigentlich faszinierend-bestechenden Schauplatz einer untergegangenen Hölle zur Hand gehabt hätte. So kommt kein wirkliches Tempo auf. Nach fast jeder packenden Szene lässt das Tempo wieder nach, wiederholt der Autor bereits bekannte und gebrauchte Beschreibungen. So wird der eigentlich zu Beginn durchaus interessante Handlungsansatz im Klein-Klein erstickt, fehlt ein durchgängiger Handlungsbogen.

Immer wieder einmal blitzt das Können des Autors auf, wenn er uns in kurzen, blitzlichtartigen Szenen die Hölle und deren zum Teil groteske Bewohner seiner Endzeit zeigt. Doch diese Highlights sind zu wenig, um den Roman wirklich an den ersten Teil seiner Höllen-Saga anschließen zu lassen. Sie zeigen lediglich, dass der Autor das Potential gehabt hätte, auch aus diesem Roman etwas ganz Besonderes zu machen, dabei aber letztlich – leider – gescheitert ist.

Das soll nicht heißen, dass das Buch nicht handwerklich überzeugen könnte. Atmosphärisch dicht, sprachlich gefällig, liest sich der Text flüssig, hat es aber schwer, sich im Vergleich zum ersten Teil zu behaupten.