Andy Remic: Kells Rache (Buch)

Andy Remic
Kells Rache
Clockwork Vampire 2
(Soul Stealers, 2010)
Übersetzung aus dem Englischen von Wolfgang Thon
Titelbildgestaltung von Isabelle Hirtz
Blanvalet, 2013, Taschenbuch, 510 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-442-26891-7 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

„Kells Rache“ beginnt dort, wo „Kells Legende“ aufhörte und erzählt die Geschichte des legendären Kriegers, der seine Waffen schon vor langer Zeit niederlegte, um eine Familie zu gründen und einen friedlichen Lebensabend zu genießen. Doch wie so oft wird er wieder dazu gezwungen, erneut zu kämpfen.

Das Grenzdorf in dem er mit Kindern und Enkeln lebte, wurde von brutalen Kriegern überfallen, die er nur allzu gut kennt. Es handelt sich bei ihnen um Menschen, die durch Mechanik und Magie in Vampire verwandelt wurden. Doch nun sind die Ressourcen in ihrer eigenen Heimat so geschrumpft, dass sie neue Beute und neues Blut brauchen. Während Nienna, Kells Enkelin von den Vaccine gefangengenommen und verschleppt wird, reist Kell so schnell er kann in die Hauptstadt, um den König zu warnen. Denn er weiß genau, das Falanor, seine Wahlheimat, bald von Krieg überzogen werden wird. Erst danach erlaubt er sich, nach Nienna zu suchen.

Saark ein Halsabschneider und Halunke ist der Mensch, der ihm dabei zur Seite steht. Obwohl Kell ihm nicht traut, braucht er doch dessen Hilfe, scheint er doch genug Mut und Kraft zu haben, um gegen die Feinde bestehen zu können. Mittels der Magie alter Freunde kommen sie den Entführern auf die Spur.

Was sie nicht ahnen ist, dass sie längst zu Spielbällen in einer weit größeren Intrige geworden sind. In Kells Adern wühlt ein verzehrendes Gift und er hat Angst, zu spät zu kommen und seine Enkeltochter an die Vaccine zu verlieren. Denn nur all zu leicht könnte einer auf die Idee kommen, ihn zu brechen, indem man sie ebenfalls in einen Vampir verwandelt. So wird der Weg zu einer Qual, garniert von vielen Gefahren und Kämpfen, denn auch General Graal, der Anführer der feindlichen Armee, will Kell tot sehen.

Noch immer kann vor allem Andy Remic mit seinen Ideen für die Welt und den Hintergrund punkten. Die Vampire, die einmal nicht Untote sind sondern eine Art magischer Cyborg, ragen doch ziemlich aus der Masse der Orks und sonstigen Monster heraus, kämpfen selbst um ihr Überleben und ihre Macht und haben durchaus für sich gesehen gute Gründe, das Menschenreich zu überfallen.

Leider verschenkt der Autor die Möglichkeiten, die er hat, um gerade im zweiten Band eine doch eher konventionelle Sword & Sorcery-Geschichte zu bieten. Im Mittelpunkt steht vor allem Kell, der seine Familie rächen und seine Enkelin retten will. Zudem muss er sich mit seinen Gefährten herumschlagen, von denen noch nicht alle bewiesen haben, dass man ihnen wirklich trauen kann. Sein direkter Gegenspieler ist ein General, der recht blass und oberflächlich bleibt, die Geheimnisse der Vampire und die Nebenhandlung rücken sehr stark in den Hintergrund und werden kaum noch aufgegriffen, dabei waren das genau die Elemente, die die Geschichte so interessant machten. Alles in allem betont der Autor zu sehr die Action, orientiert sich dabei am modernen, durch die Videospiele geprägten Geschmack und arbeitet nichts wirklich aus. Zwar ist die Geschichte flüssig zu lesen und bietet genug Abwechslung, anspruchsvollere Leser werden aber doch enttäuscht sein, dass gerade die interessanten Teile der Handlung nur stiefmütterlich behandelt werden und auch die Figuren oberflächlich bleiben.

Ähnlich wie „Kells Legende“ bietet auch „Kells Rache“ zwar einerseits gute Ideen und einen Hintergrund, aus dem man mehr hätte machen können, nutzt diese Möglichkeiten aber nicht, weil er auf ein vordergründiges Sword & Sorcery-Abenteuer setzt, in dem Action und Klischees regieren, und das Steampunk-Ambiente nur Setting bleibt, nicht aber Dreh- und Angelpunkt der Welt ist. Wer mehr als einfache Unterhaltung sucht, wird jedenfalls bitter enttäuscht.