Shadowrun 4.0 Quellenband: Emergenz – Digitales Erwachen, Rob Boyle & Peter Taylor (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 24. September 2009 01:00
Shadowrun 4.0 Quellenband
Emergenz – Digitales Erwachen
Rob Boyle & Peter Taylor
(Shadowrun: Emergence, 2009)
Texte von Jason Blair, Rob Boyle, Mikael Brodu, Robert Derie, Lars Blumenstein, Martina Noeth, Tobias Wolter u.a.
Aus dem Amerikanischen von Manfred Sanders & Jochen Hinderks
Titelillustration von Arndt Drechsler
Illustrationen im Innenteil von Abrar Ajmal, Alex Dunnigan, Andy Hepworth, Mike Munah, Andreas Schroth, Felix Merkath u.a.
Pegasus, 2009, Hardover, 136 Seiten, 24,80 EUR, ISBN 978-3-939794-79-0
Von Christel Scheja
Wie viele andere Rollenspiele, die in den 1980er Jahren entstanden sind, hat auch »Shadowrun« bereits mehrere Veränderungen und Auflagen mitgemacht, um sich dem Geschmack der jeweiligen Zeit anzupassen. In diesem Jahr erscheint die vierte Edition, die wiederum aktuelle Entwicklungen berücksichtigt und ein paar Jahre weiter in die Zukunft springt.
Angefangen hat alles in den dreißiger Jahren des 21. Jahrhunderts. Damals kehrten die Magie und allerlei Zauberwesen in die Welt zurück, und Menschen mussten miterleben, dass sie quasi über Nacht in Elfen, Orks und Zwerge mutierten oder plötzlich über magische Fähigkeiten verfügten. Und auch die Technik veränderte sich – das Internet wurde zur Matrix, in der man seinen Geist verlieren konnte.
Lange Zeit waren dafür noch technische Hilfsmittel notwendig, Implantate und Maschinen. Das aber ist jetzt anders:
Denn der große Crash der Matrix von 2064 hat erneut Einiges verändert. Er kostete nicht nur Millionen von Menschen das Leben, die gerade eingeloggt waren und nur noch mit schweren geistigen Schäden zurückkamen oder sich in der virtuellen Welt verloren, riss zudem ganze Firmen in den Untergang, sondern erweckte auch kybernetische Intelligenzen und schuf eine neue Art von Mensch, die von nun an dazu fähig war und ist, allein Kraft ihres Geistes in die Matrix einzudringen und sie für sich zu nutzen. Bisher war das nur wenigen Kindern, den ›Otaku‹ möglich gewesen, die diese Gaben aber während der Pubertät verloren haben.
Gut sechs Jahre bleiben diese Phänomene von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, da viele der so genannten ›Technomancer‹ gar nichts von ihren besonderen Fähigkeiten wissen und irgendwelche Erfolge und Pechsträhnen in der virtuellen Welt für Zufall halten, andere wieder nur langsam lernen, damit umzugehen und nicht zuletzt vorsichtig sind, ihr Können preiszugeben. Auch die kybernetischen Intelligenzen brauchen einige Zeit, um sich zu orientieren.
Doch dann sorgen einige katastrophale Zwischenfälle – vor allem in Hongkong – dafür, dass das Phänomen öffentlich bekannt wird und eine Massenpanik ausbricht. Denn nun ist klar, dass Technomancer mittels ihrer Fähigkeiten nicht nur stehlen und betrügen, sondern auch zahlreiche Menschen ermorden können. Die Konzerne versuchen natürlich diese Fähigkeiten für sich nutzbar zu machen oder die Betroffenen zu vernichten, wenn man nicht mit ihnen oder für sie arbeiten will.
Und hier setzt der Quellenband »Emergenz – Digitales Erwachen« ein. Das Buch verzichtet auf die ausufernde Auflistung von Regeln und Werten sondern setzt lieber auf Hintergründe, die dabei helfen sollen, das Erzählspiel lebendiger zu machen und entsprechende Abenteuer-Ideen zu geben. So sind die verschiedenen Phasen – das Aufkommen, die Etablierung, die Entdeckung und die Konsolidierung der Technomancer und der künstlichen Intelligenzen – auch in verschiedene Bereiche aufgegliedert:
Das so genannte ›Geflüster‹ ist eine chatmäßig aufbereitete Sammlung von Gerüchten, Datenfetzen und anderen Informationen; später erfährt man dann, was wirklich dahinter steckt, was die Betroffenen wissen und an die Öffentlichkeit dringt, und nicht zuletzt, was die Shadowrunner, die sich ja selbst am Rande der Legalität bewegen, heraus finden können. An den Spielleiter sind entsprechende Szenarienvorschläge gerichtet, z. B. wie kann man seine Gruppe auf das Phänomen aufmerksam werden lassen, wie mit den verschiedenen Ausprägungen vertraut machen.
Wer selbst einen Technomancer spielen will, erfährt hier über die normalen Werte hinaus gehende Hintergründe und Details über die Natur der Gabe, die er oder sie für seinen Charakter verwenden kann.
Heraus kommt ein Band, der weniger eine Regelerweiterung ist als eine sehr stimmungsvolle Ergänzung, um die neuen Entwicklungen in der Matrix in die eigenen Abenteuer einfließen zu lassen, bzw. eine ganz neue Kampagne zu starten. Das erfordert zwar sehr viel Arbeit, aber die Ereignisse können so individueller an das Wesen der Spieler angepasst werden.
Die deutsche Ausgabe ist um ein Kapitel erweitert, in dem auf die Entwicklungen und Ereignisse bezüglich der Technomancer und KI’s in der Allianz Deutscher Länder zwischen 2064 und 2071 eingegangen wird – und diese unterscheiden sich in manchem doch erheblich von dem, was in den USA und an anderen Orten der Welt geschieht.
Sicherlich ist »Emergenz – Digitales Erwachen« kein Quellenband, mit dem Rollenspiel-Einsteiger viel anfangen können, anders sieht es bei erfahrenen Spielleitern und Gruppen aus, die inzwischen mehr auf das Erzählspiel setzen. Und genau diese werden in dem Band viele Anregungen, Ideen und Vorlagen finden, um den Hintergrund ihrer Abenteuer und Kampagnen ansprechend und stimmungsvoll zu gestalten.