phantastisch! Ausgabe 50 (Magazin)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 20. Juli 2013 11:13
phantastisch! Ausgabe 50
Titelbild: Thomas Thiemeyer
Atlantis, 2013, Magazin, 88 Seiten, 5,30 EUR (auch digital erhältlich)
Von Christel Scheja
Es ist für phantastische Zeitschriften keine Selbstverständlichkeit mehr, eine Jubiläumsnummer zu erreichen. So kann sich auch „phantastisch!“ zu den wenigen Titeln zählen, die mehr als ein Jahrzehnt existieren und noch immer ihre treue Leserschaft mit interessanten Artikeln und Berichten versorgt. Die fünfzigste Ausgabe ist zwar um gut zwanzig Seiten dicker, verzichtet aber darauf, das Jubiläum in den Mittelpunkt zu stellen. Stattdessen bleibt man bei dem, was die Zeitschriftso besonders macht.
Die literarische Science Fiction dominiert nicht nur in den Interviews mit Charles Stross, Rainer Erler, Wolfgang Jeschke und Mike Resnick, sondern auch in den unterschiedlichsten Artikeln. Bernd Joss blickt auf das Jahr 2001 zurück und erinnert an die damaligen Highlights, wie etwa den ersten der drei „Herr der Ringe“-Filme. Christian Hoffman erinnert an einen lange vergessenen Parallelwelt-Klassiker und überlegt, wie es wohl heute wäre, „Auf in die Leyermark“ zu reisen. Dabei spürt er auch andere Klassiker auf, die vor allem in Bayern spielen.
Interessant ist auch der Überblick über die Covergestaltung Phantastischer Literatur in Deutschland seit den Anfängen Ende des 19. Jahrhunderts, ebenso wie die Analyse „Surrealer Ermittlungen oder die Vorstellung des Designers und Künstlers Detlev an Ravenswaay. Nicht zuletzt interessant sind die Überlegungen welche Spuren die dunklen Visionen des Edgar Allan Poe bis heute in der Phantastischen Literatur hinterlassen hat oder wie „Werwölfe in New York“ auch einmal ganz anders sein können als in den romantischen Liebesromanen so gerne dargestellt.
Die Kurzgeschichte stammt diesmal von Uwe Voehl und erzählt, wie sich die „Wohnungssuche“ für einen jungen Mann gestaltet, der noch nicht ahnt, was auf ihn zukommt, als er ein geeignetes Objekt findet.
Wie schon eingangs bemerkt, schlägt sich das Jubiläum gerade einmal im größeren Umfang der Ausgabe und im Vorwort nieder, ansonsten bleibt man bei der gewohnten Mischung aus Artikeln, Interviews und Besprechungen. Thematisch bleibt man in erster Linie der Science Fiction treu, nur selten widmet man sich auch einmal der dunklen Phantastik. Fantasy spielt überhaupt keine Rolle.
Die Artikel sind gut recherchiert, regen zum Nachdenken an, ebenso wie die ausführlichen Interviews. Man merkt, dass den Autoren und Redakteuren die anspruchsvollere literarische Phantastik am Herzen liegt, weniger der Mainstream, der heute in den Buchhandelsketten und DVD-Regalen zu finden ist. Man wendet sich an die Leser, die entweder alt genug sind, um sich selbst noch an die Autoren oder Buchserien zu erinnern, weil sie diese als Jugendliche verschlungen haben, oder aber an jüngere Fans, die gerade erst anfangen über den Tellerrand zu blicken und nach dem Außergewöhnlichen suchen.
Besonders gelungen ist der Blick auf die Buchcover des letzten Jahrhunderts, man merkt, wie das Selbstverständnis jeder Epoche seine Spuren auf den Titelbildern hinterlassen haben, sei es nun durch kindlich wirkende Naivität, abstrakte künstlerische Darstellungen, die das Genre aus dem Sumpf des Trivialen zu lösen versuchen und nicht zuletzt einen Realismus der die Atmosphäre der Bücher einzufangen versucht, ohne gleich ein bestimmtes Bild zu prägen. Die Zusammenstellung ist zwar weder vollständig noch wirklich repräsentativ, aber gerade anfangs sehr interessant.
Alles in allem bietet die 50. Ausgabe der „phantastisch!“ wieder eine interessant zusammengestellte Ausgabe, die vor allem die Freunde klassischer literarischer Science Fiction aus Deutschland und Europa ansprechen dürfte. Wer mehr über aktuelle und gängige Bücher oder Filme erfahren möchte, geht diesmal allerdings leer aus, denn auch die Rezensionen beschäftigen sich eher mit den Werken, die nicht überall zu finden sind.