Bryan Smith: Herrin des Blutes (Buch)

Bryan Smith
Herrin des Blutes
(Queen of Blood)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Doris Hummel
Festa, 2013, Taschenbuch, 390 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-96552-196-5 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Jahre sind vergangen, seitdem eine Gruppe Twens auf dem Weg von ihrem Urlaubsparadies in Florida nach Hause in Tennessee unfreiwillig Halt machten. Im Haus des Blutes – so auch der Titel des ersten Teiles – lernten sie nicht nur den Meister, einen Unsterblichen, der sich an den Qualen seiner gefolterten Gäste labte, kennen und fürchten, auch dessen Gehilfen sorgten dafür, dass sie mental wie körperlich sichtbare Schäden davontrugen.

Seitdem das Haus des Blutes zerstört, die Wärter und Folterknechte entweder geflohen oder getötet wurden, sind Jahre ins Land gezogen. Die Überlebenden haben sich, seelisch schwer angeschlagen, eine neue Heimat gesucht und aus den Augen verloren. Miss Wickman, einst die treue Gefolgsfrau des Meisters, versucht in Razor City das Reich ihres Meisters wieder aufstehen zu lassen. Dass sie mit Giselle, wie sie selbst einst Helferin des Meisters, das falsche Opfer in ihre Falle lockt, muss sie nur zu bald büßen. Währenddessen suchen von Wickman entsandte Auftragskiller nach den Überlebenden aus dem Haus des Blutes.

In der Folge pendelt der Roman immer wieder zwischen den verschiedenen Handlungsträgern hin und her. Aus deren Sicht – Dream und Chad nehmen hier eine bedeutende Rolle ein – beschreibt Smith versiert aber immer die Grenze des guten Geschmacks touchierend grausame Folterszenen, bestialische Morde und packende Verwicklungen. Der Orden des Drachen darf hier natürlich nicht fehlen, wobei dieser erst im späteren Verlauf des Buchs in Erscheinung tritt.

Dem Roman mangelt es etwas an einem wirklichen Protagonisten. Da ist Dream, bei der die Erlebnisse mit dem Meister übersinnliche Fähigkeiten zum Vorschein gebracht haben; Alicia, die Dream mit ihren Kräften aus dem Grab zurückgebracht hat erweist sich eher als Klotz am Bein, als dass sie eine Hilfe wäre; Chad hat mit seiner neuen Freundin Allyson, einer verräterischen ehemaligen Porno-Darstellerin auch nicht eben den Hauptgewinn abgegriffen – und unweigerlich werden alle ehemaligen Beteiligten wieder zueinander hin gezogen; bis das packende actionreiche Finale für erneute Auflösung sorgt.

Bryan Smith hat seine direkte Fortsetzung zu „Haus des Blutes“ ein paar Jahre nach dem ersten Teil verfasst. Wie bereits im ersten Teil schildert er uns eine durchaus spannend zu lesende Mischung aus Totengöttern, perversen Folterknechten und einer Reihe mehr oder minder unschuldiger Opfer. Natürlich darf die Schilderung von gewissen plakativen sexuellen Praktiken der eher gewalttätigen Art nicht fehlen, wobei sich diese Szenen eher rar machen, und nicht unbedingt aufgesetzt wirken.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Im ersten Abschnitt, „Das Blut Kocht“ überschrieben, werden die Handelnden vorgestellt und steht vornehmlich Dream im Zentrum, die ihre neuen Fähigkeiten entdeckt und von ihrer untote Freundin heimgesucht wird. Daneben gibt es ein Wiedersehen mit Chad und Miss Wickman, es werden aber auch neue Figuren eingeführt.

Der zweite Teil „Der blutrote Highway“ betitelt, wirkt demgegenüber ein wenig verhalten. Wir begleiten Dream, Alicia und die Schwestern Mary und Ellen auf ihrem Roadtrip quer durch die USA, während Chad und Allyson im Camp Whiskey Unterschlupf finden.

Im dritten Abschnitt („Neujahrstag“) zieht das Tempo deutlich an, und wird die Handlung in einem rasanten, actionreichen Finale zum Abschluss gebracht.

Es mangelt der Roman aber über die gesamte Länge hin an einer wirklichen Identifikationsfigur. Am Intensivsten wird hier noch Allyson gezeichnet, während die Darstellung von Dream, die von ihrer einstigen aus dem Grab zurückgekehrten Freundin heimgesucht wird, für meinen Geschmack ein wenig zu oberflächlich charakterisiert wird. Hier hat der Autor eindeutig Potential verschenkt, was hätte man aus den gegenseitigen Schuldvorwürfen, der Sühne oder den unterdrückten Gefühlen nicht machen können.

Insgesamt gesehen kommt der Roman nicht ganz an den ersten Teil heran, unterhält zwar spannend und bis auf den Mittelteil auch packend, lässt aber Potential ungenutzt.