Simon R. Green: Aller Tage Abend – Geschichten aus der Nightside 11 (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 30. Mai 2013 19:51
Simon R. Green
Aller Tage Abend
Geschichten aus der Nightside 11
(A Hard Days Knight)
Aus dem Englischen übersetzt von Jana Gengnagel
Titelillustration von Oliver Graute
Feder & Schwert, 2013, Taschenbuch, 352 Seiten, 10,99 EUR, ISBN 978-3-86762-165-6 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Willkommen in der Nightside, dem Herz Londons, wo Magie greifbarer ist, als man ertragen kann, wo Leben und Seelen zum Verkauf stehen und all ihre schlimmsten Träume in Körpern umherlaufen. Ich bin ein Teil dieser Welt, in der es immer drei Uhr morgens ist, ich bin John Taylor, Privatdetektiv mit der Gabe alles zu finden, insbesondere das, was nicht gefunden werden soll.
Gehen Sie die Straßen der Nightside entlang, und sie werden viel Schlechtes über mich hören. Das Meiste davon ist wahr. Ich bleibe hier, weil ich zu all den Monstern dazugehöre. Die Nightside ist meine Heimat.
Nachdem ich Walker, die einzige Autorität der Nightside, der immer alles zusammengehalten hat, getötet habe, wurde ich von den Autoritäten gezwungen, seine Rolle zu übernehmen. Nun hat ein Unbekannter mir ein Geschenk auf dem Küchentisch hinterlassen: Excalibur, das legendäre Schwert, das der Legende Leben einhaucht und das, wenn man nicht höllisch aufpasst, einem dem Arm oder den Kopf abreißt. Kaum habe ich mich ein wenig in meinem einstigen Refugium London über die Hintergründe des Geschenks von Gäa kenntlich gemacht, wird mir das Schwert auch schon wieder entwendet. Die Spur führt zurück in die Nightside und direkt zu einem Wesen, das ich beileibe nicht kennenlernen wollte: Merlin Satansbrut, der leibliche Sohn Satans, der Antichrist aus Finsteralbion und dessen Zögling Artur. Als dann noch Artus ins Spiel kommt, droht das letzte Gefecht mit den Elfen und sie ahnen es schon, wer einmal wieder die Kastanien aus dem Feuer holen darf…
Simon R. Greens Reihen beginnen meist fulminant und lassen dann in ihrer Faszination stark nach. Seien es Shaman Bond und seine Droods oder die Ermittler des Carnacki Instituts (beide erscheinen bei Bastei Lübbe), die letzten Romane Greens konnten mit den begeisterten ersten Teilen nicht mehr mithalten. Schnell scheinen Green die Ideen auszugehen, verlieren die skurrilen Gestalten ihre Faszination. Anders ist es bei der Nightside. Auch hier gab es Romane, die ein wenig schwächer waren, doch neben den markanten Figuren baut der Autor hier auf eine Bühne, die alleine schon für Spannung und Überraschung sorgt.
Mit der Nightside hat der Autor seinen vielleicht größten Wurf getan, hat eine Spielwiese kreiert, die den Leser packt und nicht mehr loslässt. Hier, und nur hier, kann er seiner überbrodelnden Fantasie freien Lauf lassen, kann abgehalfterte Götter auf Aliens treffen lassen, geschichtliche Mythen mit modernsten Waffen kreuzen und damit nicht nur durchkommen, sondern seine Fans und Leser an die Hand nehmen und bis ins Finale nicht mehr loslassen.
Spannend, überraschend, abgedreht – so könnte man auch den vorliegenden Band beschreiben. In der sehr angenehm zu lesenden Übersetzung von Jana Gengnagel lässt Green dabei noch einmal seine ganze Imagination spielen. König Artus, ein Camelot, wie man es sicherlich so noch nie gesehen hat, Elfen und Ritter, Seelenbomben und magische Türen; alles abgedreht und unlogisch, aber einfach herrlich zu lesen.
Wer Green mag, der wird von diesem Band begeistert sein, wer ihn noch nicht kennt, sollte eher mit einem der ersten Teile der Reihe beginnen, sonst werden viele Anspielungen, Verweise und Reminiszenzen verloren sein.