A. Lee Martinez: Der Mondist nicht genug (Buch)

A. Lee Martinez
Der Mond ist nicht genug
(Chasing the Moon, 2011)
Übersetzt von Karen Gerwig
Umschlagabbildung: David Malan
Piper, 2013, Taschenbuch, 398 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-492-26882-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Diana hat es bislang nicht eben leicht gehabt in ihrem Leben. Niemand, der es teilt, ihr Job als Mantelverkäuferin in einem Kaufhaus füllt sie auch nicht wirklich aus, und eine eigene, bezahlbare Wohnung sucht sie seit Monaten vergeblich. Doch dann scheint sich ihr Schicksal zu wenden. Als sie das kleine, schnuckelige und dazu möblierte Appartement in einem Mehrfamilienhaus besichtigt, ist sie hin und weg.

Nicht nur, dass das Teil erschwinglich ist, nicht einmal Nebenkosten werden in Rechnung gestellt, nein die Einrichtung entspricht genau ihrem Geschmack und ihre ganz spezielle Limonade ist im Kühlschrank auch vorrätig. Doch Vorsicht, wenn etwas zu gut aussieht um wahr zu sein, dann kommt der Pferdefuß meist hinterher. Kaum eingezogen bemerkt sie, dass etwas faul ist im Staate Dänemark – verzeihen Sie, im Wohnblock. Sie macht die unwillkommene, ja ziemlich aufrüttelnde (um nicht zu sagen: panische) Bekanntschaft von Monstern. Zuerst ist es nur ein gefräßiger Gott, der seinen Hunger einfach nicht stillen kann und ernsthaft in Erwägung zieht, sich Diana munden zu lassen. Dann kommen nach und nach weitere Monstren dazu, um die sie sich kümmern darf. Gar nicht zu reden davon, dass sie plötzlich nicht mehr altert – bei ihren neuen Bekannten bedeutet dies aber nicht unbedingt und zwangsläufig eine wirklich längere Lebensdauer – und ihre Welt nach ihren unbewussten und bewussten Gedanken umgestaltet.

Früher hätte man Magie zu ihren neuen Fähigkeiten gesagt, sie selbst ist nur panisch verwirrt. Da hilft auch der nette Nachbar, mit dem sie ein paar Mal das Bett teilt, nicht, und auch der Hausmeister, der immer wieder ihre Hilfe sucht ist nicht unbedingt befähigt, sie zu beruhigen. Als dann die Welt wie sie sie kannte, droht, einmal wieder vernichtet zu werden – ja, das passiert relativ regelmäßig und kann nur mit größerer Mühe rückgängig gemacht werden –, hängt es an ihr, das Schlimmste aufzuhalten…

Seit A. Lee Martinez mit seinem „Diner des Grauens“ bei Piper in Deutschland debütierte, legt er in schöner Regelmäßigkeit phantastische Einzelromane vor. Statt uns, wie sonst leider so üblich den xten Roman eines Zyklus’ vorzusetzen, in dem uns zumeist ein müder Aufguss des aus den bisherigen Teilen bekannten Plots erwartet, lässt Martinez seine Phantasie spielen und bietet uns jedes Mal ein neues Spielfeld an. Dabei ist er auf humorvolle Werke abonniert, besetzt hier eine sehr rare Unterart des phantastischen Romans.

Vorliegend erwartet den Leser einmal mehr keine großen Schlachtengemälde, selbst wirklich packende Action-Szenen sucht man vergebens. Dies fällt bei der Lektüre aber gar nicht ins Gewicht, sorgen doch die skurrilen Figuren und die temporeichen Dialoge dafür, dass sich die Seiten fast wie selbst umblättern. Mit seiner beachtlichen Imagination setzt uns der Autor gar seltsame, so noch nicht gelesene Monster vor die Nase. Sei es der stachelschwanzbewehrte Hund, das große Auge mit Tentakeln oder die kleinen, geflügelten, humanoiden Insekten – um nur ein paar zu nennen –, die Ideen brodeln förmlich über, auf Bekanntes oder gar Stereotypen stößt man erfreulicherweise nirgends, so dass sich das Buch nicht nur vergnüglich sondern auch packend und interessant liest und letztlich als bislang bestes Werk aus seinerr Feder gelten darf.