Tom Finnek: Gegen alle Zeit (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 28. Mai 2013 11:47

Tom Finnek
Gegen alle Zeit
Illustrationen: Tina Dreher
Karte: Reinhard Borner
Bastei Lübbe, 2013, Taschenbuch, 542 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-404-16812-5 (auch als eBook erhältlich)
Von Gunther Barnewald
Der junge Schauspieler Henry Ingram wacht eines Morgens in einem dunklen Keller auf, kann sich nicht mehr an die vorhergehenden Ereignisse erinnern. Er weiß nur, dass er gerade an den Proben für die Aufführung der fast 300 Jahre alten „The Beggar´s Opera” in London teilgenommen hat. Zudem stellt er eine leichte Kopfverletzung bei sich fest.Als er den Keller verlässt, denkt er zuerst, seine Kollegen veranstalteten einen teuren Scherz mit ihm, hätten die Kulissen eines historischen London um ihn herum arrangiert, und filmten nun seine Reaktionen darauf.
Schnell wird ihm jedoch klar: Das London des Jahres 1724 um ihn herum scheint echt und authentisch zu sein, und er selbst gerät mitten in die Ereignisse des Sommers diesen Jahres, die später zur Entstehung der berühmten Oper führen. So lernt er deren Protagonisten leibhaftig kennen, und trifft auch auf den Autor der Oper und auf den Musiker, der für dieses Werk die Kompositionen erdachte.
Doch wie kommt er wieder in seine Zeit zurück? Wie kam er überhaupt in die Vergangenheit und was geschah am Abend vorher? Und wie soll er, der so viel über die in der Oper erzählten Ereignisse weiß, sich verhalten, da er nun leibhaftig hier ist und eingreifen könnte in die Geschichte?
Tom Finnek hat mit „Gegen alle Zeit“ ein zwar interessantes, aber nicht in jeder Hinsicht befriedigendes Werk geschaffen. Vor allem die fleißige Recherche des Autors überzeugt und beeindruckt. So lässt Finnek in Perfektion die Gebäude des alten London vor dem Auge des Lesers entstehen und erstaunt den Rezipienten mit mannigfaltigen architektonischen Details. Doch schon wenn es um eine vollständig glaubwürdige historische Atmosphäre geht, fallen erste Einschränkungen auf: So berichtet der Autor zwar über die üblen Gerüche von Sickergruben, Abwasserkanälen und ähnlichem, die mangelnde Körperhygiene und die Zuspitzung dieser Zustände durch soziales Elend tauchen in seiner Erzählung jedoch kaum auf.
Noch deutlicher werden die Defizite des Buchs leider bei der eher durchsichtigen Handlungsführung, die große Überraschungen vermeidet und damit den Spannungsgehalt deutlich herabmindert. Schon nach den ersten 150 Seiten hat man das Gefühl, die weiteren Ereignisse ziemlich präzise voraus sagen zu können. Größtes Manko des Romans sind jedoch die langweiligen, eher leblosen Protagonisten, die weder besondere Verbundenheitsgefühle beim Leser zu wecken vermögen, noch dazu in der Lage sind, innere Befindlichkeiten zu spiegeln. Der Leser bleibt hier recht gleichgültig, da die flachen und emotionsgebremsten Handlungsträger zu keiner Zeit ein wirklich adäquates Innenleben aufweisen.
Stilistisch geht es eher nüchtern und farblos zu, was bei einer entsprechend interessanten Handlung jedoch durchaus passend gewesen wäre, hier jedoch die Langeweile des Lesers leider noch zusätzlich verstärkt. Insgesamt ein enttäuschend mäßig bis unterdurchschnittliches Buch, das den Leser nicht unbedingt zum Durchhalten bis zum Ende der Geschichte animiert.