Andrea Bottlinger: Aeternum (Buch)

Andrea Bottlinger
Aeternum
Knaur, 2013, Paperback mit Klappenbroschur, 570 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-426-51179-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Die Geschwister Amanda und Roman brechen, um Kunstschätze zu stehlen, in ein bestens gesichertes Haus in Berlin ein, werden geschnappt und sollen erschossen werden. In ihrer Todesangst entfesselt Amanda magische Kräfte, woraufhin Balthasar beschließt, das Paar am Leben zu lassen und die junge Frau zu seiner Dienerin zu machen, da ihm eine Magierin bei seinen Plänen von Nutzen sein könnte: Er will Anführer der Dämonen werden. Damit sich Amanda leichter fügt, nimmt er Roman als Geisel.

Etwa ein Jahr später führen heftige Erdbeben zum Einsturz des Alexanderplatzes. Rettungsmannschaften, die nach Verschütteten in den U-Bahn-Schächten suchen, kehren nicht mehr zurück. Nachasch, die Anführerin der Dämonen, und der Erzengel Michael, dem die Engel folgen, beschließen, dass beide Seiten einen Repräsentanten in die Tiefe schicken, denn sie ahnen, dass es sich bei den Beben keineswegs um natürliche Phänomene handelt.

Die Wahl fällt auf zwei Personen, die als entbehrlich erachtet werden: auf Amanda und den gefallenen Engel Jul. Beiden wird versprochen, was sie sich am meisten wünschen, nämlich Romans Sicherheit und neue Flügel sowie die Rückkehr zu den himmlischen Scharen. Während sie nach den Geheimnissen forschen und die Gefahren, die in der Tiefe lauern, zu umgehen versuchen, beginnen sie zögerlich, die Vorurteile gegen mitleidlose Engel und machthungrige Dämonendiener zu revidieren. Ihre jeweiligen Schicksale beweisen, dass weder Dämonen noch Engeln zu trauen ist und sie sich zusammenraufen müssen, um überhaupt eine Chance zu haben.

Was Amanda und Jul schließlich entdecken, stellt alles, woran sie bisher geglaubt haben, auf den Kopf. Durch ihr Wissen werden sie zu Gejagten – und sie sind die Einzigen, die das Ende der Welt vielleicht noch abwenden können…

Andrea Bottlinger springt auf den noch immer fahrenden Zug der antagonistischen Dämonen und Engel auf, die um die Herrschaft über Ihresgleichen und die Vormachtstellung auf der Erde streiten, allerdings ohne damit den endlosen Paranormal Romances eine weitere hinzuzufügen. Im Vordergrund steht ein ganz eigener Mythos, den die Autorin entworfen hat, wobei sie sich auf die Geschichten archaischer Gottheiten, die jüdischen und christlichen Legenden um Engel und Dämonen sowie den Kampf von Gut gegen Böse – Gott gegen Luzifer – stützt und daraus den Hintergrund für eine zeitgenössische Katastrophe webt. Gleichzeitig macht sie die Engel zu sturen Befehlsempfängern, die den Status Quo erhalten wollen, während sich die Dämonen als anpassungsfähiger erweisen. Gemein ist ihnen, dass sie sich in Grauzonen bewegen und es kein wirkliches Gut und Böse gibt.

Jul und Amanda sind Außenseiter innerhalb ihrer jeweiligen Gruppen. Amanda wurde aufgrund ihrer magischen Begabung von Balthasar gezwungen, für sie zu arbeiten, wohingegen seine anderen Sklaven für ihre freiwilligen Dienste eine Gegenleistung erhalten. Sie begehrt auf und versucht, sich von ihm zu befreien, wann immer sich eine Möglichkeit ergibt, aber er ist einfach zu stark und nutzt geschickt ihre Ängste gegen sie. Jul wiederum aß vom Baum der Erkenntnis, kann seither Recht von Unrecht unterscheiden und Mitleid empfinden. Außerdem zweifelt er an dem großen göttlichen Plan. Infolgedessen wurde er ausgestoßen und gilt als kaum besser als die Dämonen. Das und ihre besonderen Fähigkeiten führt die beiden zusammen, die sich nach dem anfänglichen Misstrauen verbünden, weil ihnen klar ist, dass sie von niemandem Hilfe zu erwarten haben, im Gegenteil. Notgedrungen greifen sie nach jedem Strohhalm, der sich bietet, und bringen persönliche Opfer, um das Ende der Welt abzuwenden beziehungsweise in Amandas Fall Roman zu retten und sich von Balthasar zu befreien.

Die Erlebnisse schweißen Jul und Amanda zusammen; sie verlieben sich, doch bleibt ihre Beziehung eine Nebensache, die die spannende Handlung nicht verwässert. Diese konzentriert sich ausführlich auf einen Zeitraum von wenigen Tagen und überrascht immer wieder durch unvorhersehbare Wendungen. Wann immer man glaubt, dass die Protagonisten ihrem Ziel ein Stück nähergekommen sind, passiert etwas, das sie zurückwirft – und das genauso oft, wie in manch anderen Büchern alles schon zu glatt geht, so dass das ganze Pech fast zu viel des Guten ist.

Insgesamt lieferte die Autorin einen homogenen Roman, der zwar stellenweise etwas träge wirkt und nur langsam vorankommt, aber keine logischen Schwächen aufweist, die Spannung vom Anfang bis zum Ende halten kann und ein bekanntes Thema auf interessante Weise aufbereitet. Schätzt man Mystery- und Urban Fantasy-‚Ziegelsteine‘ über kämpfende Engel und Dämonen, wird man von „Aeternum“ sehr gut unterhalten.