Stefan Cernohuby (Hrsg.): Von Feuer und Dampf – Spiegelwelten 2 (Buch)

Stefan Cernohuby (Hrsg.)
Von Feuer und Dampf – Spiegelwelten 2
Titelillustration von Georgie Retzer
Arcanum, 2013, Taschenbuch, 268 Seiten, 10,90 EUR, ISBN 978-3-939139-18-8

Von Carsten Kuhr

Fast alle Kleinverlage sind zwischenzeitlich im Subgenre des Steampunk aktiv geworden. Selbst Anthologien, sonst eine eher rare Buchform, die aufgrund der dürftigen Verkaufszahlen immer mehr aus den Regalen der Buchhandlungen verschwindet, gab es bereits. Fabylon und Saphir im Stahl legten entsprechende Sammlungen auf. Doch schon einige Jahre früher, im September 2010, erschien die Erstauflage einer etwas andere Steampunk-Anthologie, die nun überarbeitet ein zweites mal bei Arcanum aufgelegt wird.

Zwar entführen uns die sechzehn im Buch vertretenen Autoren auch in eine vergangene Welt, vorliegend die des Jahres 1899, doch nicht etwa die britische Hauptstadt steht im Zentrum des Geschehens, sondern vier kontinentale Städte dienen als Kulisse der locker miteinander verbundenen Geschichten. In Berlin, Wien, Hamburg und München begleiten wir dabei unsere Protagonisten auf ihren Abenteuern.

Auffallend dabei, dass das Typische am Steampunk, also die dampfbetriebenen phantastischen Erfindungen, eher im Hintergrund stehen, die Autoren sich stattdessen lieber auf ihre Gestalten konzentrieren. Dabei wird der Antisemitismus ebenso deutlich angesprochen wie der Verarmung ja Verelendung weiter Teile der Bevölkerung; die ständig weiter sich öffnende Schere zwischen Arm und Reich wird ebenso thematisiert, wie die alltägliche Diskriminierung von Frauen oder Ressentiments gegenüber anderen Völkern. Geschickt und stilistisch durchweg ansprechend greifen die Autoren dabei bekannte Themen – ein mechanischer Golem, eine dampfbetriebene Zeitmaschine, vollautomatische Fabriken – auf, verbinden diese oft mit einer Handlung, die Krimi-Elemente aufweist (Mord, Verrat, Diebstahl, Anschläge von Anarchisten) und nehmen immer wieder Bezug auf Geschehnisse aus den anderen im Buch enthaltenen Geschichten.

Doch nicht etwa diese Verzahnung der Beiträge, die zum Entstehen eines inneren Rahmens führt, war für mich das Herausragende der Storys, sondern die Art und Weise, wie uns die Autoren für ihre zumeist notleidenden Gestalten einnehmen. Das sind nur zu oft verzweifelte Menschen, deren Not und Depression trotz der relativen Kürze der Texte gut vermittelt wird. Hier fangen die Autoren viel vom Lebensgefühl der damaligen Zeit ein, berühren den Leser mit Schicksalen, die in sich glaubhaft dargestellt werden.

Insgesamt gesehen eine Anthologie, die durch gleichbleibende handwerkliche Qualität der Beiträge überzeugt, die endlich einmal Deutschland und Österreich zur Jahrtausendwende ins Zentrum stellt und fesselnd zu unterhalten weiß.