X-Men Sonderband: X-Men Legacy 5: Zwischen den Fronten (Comic)

Christos Gage
X-Men Sonderband: X-Men Legacy 5: Zwischen den Fronten
(X-Men Legacy 271-275, 2012)
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Pezz
Titelillustration von Mark Brooks
Zeichnungen von Rafa Sandoval, David Baldeon, Jordi Tarragona, Rachelle Rosenberg
Panini, 2013, Paperback, 116 Seiten, 12,95 EUR

Von Irene Salzmann

Zunächst stand Rogue auf Seiten ihrer Kameraden, die eine bessere Welt errichten wollten. Aber als sie feststellte, dass jeder Widerspruch, selbst von Freunden, bestraft wird, begann sie, die Phoenix Five mit anderen Augen zu sehen. Der Befreiungsversuch von Ms. Marvel, die von Magik zusammen mit anderen Avengers in einem Teil von Limbo gefangen ehalten wird, scheitert, und Rogue wird von Magik in eine andere Dimension geschleudert.

Dort gerät sie in den Krieg zweier Völkern um die letzten Ressourcen ihres Planeten. Der Zufall will es, dass sie von einigen Vertretern der Vray gefunden und in deren Lager gebracht wird. Man hofft, dass Rogue sich ihnen anschließen wird, denn sie hat bei ihrem Eintreffen in Selbstverteidigung dem Feind, einer Schwarmintelligenz, eine herbe Niederlage bereitet. Im Gegenzug verspricht man ihr, sie auf ihre Welt zurückzubringen.

Noch in derselben Nacht wird Rogue vom Schwarm entführt, der versucht, sie zu assimilieren. Allerdings hat die Mutantin schon so viel fremde Gedanken in ihrem Kopf gehabt, ist so oft manipuliert worden, dass sie sich gerade in einer solchen Situation zu wehren weiß und ein Geheimnis aufdeckt, das alles auf den Kopf stellt, woran beide Völker bislang geglaubt haben.

Rogue kann sich und das Schwarmwesen Tritt befreien und wird zu seinem Schwarm. Auch er kennt nun die Wahrheit, darum müssen beide fliehen, um ihr Leben zu retten. Ihnen bleibt nicht mehr viel Zeit, einen sinnlosen Krieg zu vermeiden.

Nach der Rückkehr zur Erde hilft Rogue, den Schaden und das Leid zu mildern, das die Phoenix Five verursacht haben. Ein tragisches Erlebnis bringt sie dazu, sich endlich mit Magneto auszusprechen. Ob das Paar noch eine Zukunft hat, bleibt abzuwarten.

Sie gehen nun getrennte Wege: Rogue kehrt an die Schule, die Wolverine leitet, zurück. Mimic bittet um ihren Rat, weil er sich selbst finden möchte und damit Probleme hat, denn seine Fähigkeiten funktionieren ähnlich wie die von Rogue. Allerdings geht eine neue Mission vor.

„X-Men“ meets „StarCraft“ – so liest sich das vierteilige Hauptabenteuer des Paperbacks „X-Men Legacy“ 5, eine waschechte SF-Story. Rogue trifft auf zwei verfeindete Alien-Völker, zum einen eine insektoide Schwarmintelligenz, die an die Zerg erinnert und wie die Borg aus „Star Trek“ andere Wesen assimiliert, zum anderen auf die Vray, die eher die Rolle der Terraner als die der Protoss innehaben und eine vage Ähnlichkeit zu den Predators aufweisen.

Rogue mischt sich in den Konflikt ein, weil sie kann und muss, denn sie will unnötiges Blutvergießen verhindern und wieder nach Hause. Sie hat das Glück, auf beiden Seiten vernünftige Offiziere zu finden, die ihren Kopf gebrauchen und nicht ihren Anführern blindlings folgen, nachdem offenbar wurde, dass die Dinge nicht so sind, wie man es ihnen beigebracht hat. Tatsächlich steckt hinter dem Krieg ein grausamer Überlebensplan.

Was mit der Zeit nervt, sind Rogues ständige Hinweise, dass sie über Jahre hinweg einen Teil von Ms. Marvel und zeitweilig von anderen Personen, deren Kräfte sie bloß vorübergehend absorbierte, in sich trug, so dass sie manchmal nicht mehr wusste, welches ihre, welches fremde Erinnerungen und Gedanken sind. Sie wurde manipuliert von Mystique, von Professor Xavier und anderen, einige Male sogar von Ms. Marvels Bewusstsein verdrängt. Seit Rogue ihre Fähigkeit beherrscht, kann sie sich leicht jeglicher Beeinflussung erwehren. Mit ihren Erfahrungen will sie anderen Mut machen, aber auf den Leser wirkt es selbstgerecht.

Auch das Kostüm ist nicht besser geworden. Gäbe es Preise für die schlechtesten Kostüme der X-Men-Heldinnen, hätte Rogue gewiss schon die meisten Trophäen gesammelt. Der Schal, der Bewegung in die Bilder bringen soll, ist purer Schwachsinn, lädt er doch Gegner dazu ein, an den Enden zu ziehen und Rogue zu erdrosseln, was kein Problem darstellt, wenn sie gerade keine Superkräfte zur Verfügung hat. Witzig ist die Szene, als ihr neuer Vray-Freund seine Soldaten aufmarschieren und sie die Kleidung ablegen lässt, damit sich Rogue einen Gefährten für die Nacht aussuchen kann. Köstlich!

Es folgen zwei in sich abgeschlossene Einzelgeschichten.
Zunächst regelt Rogue ihre Beziehung mit Magneto. Die beiden haben sich entfremdet, da sie sich Wolverine anschloss, der Professor Xaviers Schule wieder aufbaute, während Magneto auf Utopia an der Seite von Cyclops blieb. Die Geschehnisse stehen nicht wirklich zwischen ihnen, aber die Welt hat sich seither geändert, und Rogue will ihren Platz finden. Schade, denn sie waren ein wirklich interessantes Paar. Anschließend begibt sie sich zusammen mit Mimic auf eine Mission, auf der sie zeigt, wozu sie fähig ist. Auch Mimic kann sich beweisen, muss jedoch selbst seinen Weg finden.

Insgesamt liefert der Band spannende, tiefergehende Unterhaltung, die zeichnerisch ansprechend umgesetzt wurde. Die Stile von Rafa Sandoval und David Baldeon ähneln einander, so dass es beim Wechsel keinen Bruch gibt.

Das Publikum darf sich über einen abgeschlossenen Band freuen, denn es ist nicht zwingend notwendig, die „AvsX“-Storyline beziehungsweise das vorherige Paperback zu kennen; und die nächste Ausgabe schlägt ein völlig neues Kapitel auf. Sammler werden natürlich zugreifen, doch auch Gelegenheitsleser kommen ganz auf ihre Kosten, vor allem wenn sie SF-Abenteuer lieben, die auf Welten spielen, „die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.“