Gruselkabinett 75: Weiß, Mary Fortune (Hörspiel)

Mary Fortune & Mark Gruppe (Script)
Weiß
Gruselkabinett 75
Sprecher: Johannes Raspe, Niels Clausnitzer, Stephanie Kellner u.a.
Titania Medien, 2013, 1 CD, ca. 66 Minuten, ca. 8,99 EUR, ISBN 978-3-7857-4814-5

Von Christel Scheja

Mary Fortune wurde um 1833 in Belfast geboren und wanderte mit ihrem Vater nach Kanada aus. Dort heiratete sie zwar, verließ aber ihren Ehemann und erstgeborenen Sohn, um an der Seite ihres Vaters ihr Glück in Australien zu versuchen. Dort verfasste sie unter Pseudonym erfolgreich Detektivgeschichten, vermutlich sogar die ersten, die aus der Sicht des Ermittlers erzählt wurden. Sie starb um 1909/1910, vermutlich an Alkoholismus. Ihre einzige Gruselgeschichte, „The White Maniac“, wurde nun als Hörspiel für die „Gruselkabinett“-Reihe umgesetzt.

Charles Elveston stammt aus adligem Haus, hat sich aber als jüngerer Sohn dazu entschieden, sein Leben den Menschen zu widmen und als Arzt zu arbeiten. Als er im Jahr 1858 in sein neues Domizil reitet, fällt ihm in der Nachbarschaft ein seltsames Herrenhaus hinter einer großen Mauer auf. Es ist ganz in Weiß gehalten. Andere Bewohner aus der Gegend erzählen ihm, dass auch die Bewohner, Herrschaft wie Angestellte, ganz in Weiß herumlaufen. Schon bald bekommt der neugierige Mediziner die Chance, sich alles genauer anzuschauen, denn der Herr des seltsamen Hauses bittet ihn, nach seiner Tochter zu sehen, die angeblich an einer Geisteskrankheit leidet und alle im Haus terrorisiert. Doch als er die junge Dame kennenlernt, macht sie einen sehr vernünftigen Eindruck und erzählt ihm, dass sie eigentlich die Gefangene sei und ihr Vater wie auch der Rest der Bewohner des Hauses die Verrückten. Was ist Wahrheit, was Lüge? Elveston steht vor einem Rätsel, nicht ahnend, dass er schon viel zu weit in Bereiche vorgedrungen ist, die ihn selbst in tödliche Gefahr bringen.

Geheimnisvolle Herrenhäuser, hinter deren Türen und Fenstern Seltsames vor sich geht, scheinen gerade im 19. Jahrhundert die Autoren der Schauerromantik besonders fasziniert zu haben, da macht auch Mary Fortune keine Ausnahme. So wirkt zunächst vieles vertraut und aus anderen Novellen bekannt. In dieser Geschichte wird der Doktor zum Ermittler, ahnt er doch, dass ihm dicke Lügen aufgetischt werden. Auch der Zuhörer kann sich überraschen lassen, denn die Geschichte entwickelt sich schnell anders als erwartet und überrascht am Ende sogar. Bis es so weit ist, wird das Verwirrspiel immer komplexer.

Dabei sorgen vor allem die Dialoge für Spannung, weniger die Soundeffekte oder die Musik. Die Sprecher wissen sich geschickt in Szene zu setzen. Sie sind deutlich in Spiellaune und schlagen den Zuhörer schnell in den Bann, so dass man die Geschichte von Anfang bis Ende genießen kann, auch wenn sie weitestgehend ohne Action bleibt.

Alles in allem kann „Weiß“ inhaltlich wie formal überzeugen. Das 75. Hörspiel der „Gruselkabinett“-Reihe präsentiert nicht nur eine weitestgehend vergessene Geschichte sondern auch ein spannendes Verwirrspiel mit gut aufgelegten Sprechern.