Conductor 2 (Comic)

Conductor 2
Text: Manabu Kaminaga
Zeichnungen: Nokiya
Aus dem Japanischen von Yuko Keller
Tokyopop, 2013, Taschenbuch, 178 Seiten, 6,95 EUR, ISBN 978-3-8420-0542-6

Von Irene Salzmann

Die Flötistin Naomi Kuchiki hat sich wegen ihrer Albträume in Behandlung gegeben. Der Therapeut Dr. Matsuzaki ist sehr bemüht, ihr zu helfen und trifft sich sogar nach Arbeitsende mit ihr, um ihr ein vergessenes Notizbuch zu bringen. Als es zu Boden fällt, entdeckt Naomi ein ihr unbekanntes Foto: Es zeigt sie vor fünf Jahren mit ihren damaligen Kommilitonen und jetzigen Kollegen – und einem Fremden, dessen Gesicht unkenntlich gemacht wurde.

Obwohl der junge Mann gut mit ihr befreundet gewesen sein muss, kann sich Naomi nicht an seinen Namen erinnern. Zu Hause findet sie weitere Fotos, auf denen er zu sehen ist, ebenfalls mit übermaltem Gesicht. Auf Matsuzakis Rat hin wendet sich Naomi an ihre Freundin, die Violistin Akiho Maya, die zunächst nicht glauben will, dass etwas so Wichtiges vergessen wurde – und dann erst recht schweigt.

Akiho will sich mit Naomis Problem und der Vergangenheit nicht belasten, da ihre Beziehung in einer Krise steckt. Ihr Verlobter, der Pianist Kazuo Tamaki, hat sich von ihr zurückgezogen, kaum dass sich ihr Ex Yasufumi Yuki als der neue Dirigent vorstellte. Sie ahnt nicht, dass Kazuo von einem Journalisten überredet wurde, Yasufumi heimlich zu beobachten, denn angeblich reiste er unerwartet aus Deutschland ab, nachdem seine Freundin ums Leben gekommen war. Hat er einen Mord begangen?

Derweil gibt der Polizei immer noch die kopflose Leiche Rätsel auf, die in einer Nachbarwohnung des Hauses gefunden wurde, in dem Naomi lebt. Offenbar hatte jemand den Toten ausgegraben und extra für die Beamten hergerichtet, um sie auf ein Verbrechen aufmerksam zu machen, das vor fünf Jahren geschah. Kommissar Tsuyoshi Ishikura stellt Nachforschungen an und rückt auch Naomi auf die Pelle.

Die Handlung von „Conductor“ erstreckt sich über sieben Tage. Inzwischen ist der dritte heran gebrochen, und wieder erfährt man Neues aus der Vergangenheit der Beteiligten und über ihre aktuellen Sorgen. Hinter allem, was geschieht, steckt offenbar ein altes Geheimnis, das die vier Musiker verbindet, und von dem jemand Kenntnis hat, so dass er die Polizei auf die Spur des Quartetts zu lenken versucht.

Was vor fünf Jahren geschehen ist, muss so schlimm gewesen sein, dass Naomi die Erinnerung daran verdrängt hat, sich Akiho und Yasufumi trennten und Kazuo mit Akiho eine Beziehung aufbaute, die nach seinen eigenen Worten auf dem Unglück eines anderen basiert. Da keiner ahnt, dass jemand das Geheimnis aufdecken will, sprechen sie nicht miteinander – im Gegenteil: Ihre Clique droht auseinanderzufallen, da sich zwischen ihnen immer mehr Hürden aufbauen.

Der Leser darf spekulieren: Ist die kopflose Leiche der Unbekannte, der womöglich Naomis Freund war und durch einen Unfall, der vertuscht wurde, ums Leben kam? Ist Yasufumi der Täter gewesen, mit dem Akiho danach einfach nicht mehr zusammen sein konnte? Hat Kazuo mit dem Ende seiner Karriere als Solo-Pianist einen hohen Preis bezahlt, um Akiho zu gewinnen? Wer ist der mysteriöse Journalist, der Yasufumi, der nach eigenen Worten wegen des Todes seines Vaters nach Japan zurückkehrte, aber in Deutschland einen Fehler begangen hat, einen Mord anhängen will? Könnte auch Matsuzaki etwas wissen und das Foto in Naomis Tagebuch gelegt haben?

Bestimmt ist die Wahrheit viel komplizierter, und die beiden noch ausstehenden Bände warten mit neuen Überraschungen auf. In den Büchern von Manabu Kaminaga ist nie etwas so, wie es auf den ersten Blick hin scheint.

Wird Kommissar Ishikura das Puzzle zusammensetzen? Seine Methoden sind eigenwillig, wenn nicht gar ‚fragwürdig‘, denn er erpresst jemanden und wird gewalttätig, als er feststellt, dass die Unterhaltszahlungen für seine Ex und den gemeinsamen Sohn vom neuen Lebensgefährten verprasst werden. Bislang wirkt Ishikura wenig sympathisch, denn wie die Übrigen hat er mindestens einen dunklen Fleck auf seiner Weste.

Die Zeichnungen von Nokiya sind gefällig und denen von Suzuka Oda, die des Autors andere Manga-Serie „Psychic Detective Yakumo“ illustriert, nicht unähnlich, aber ein wenig kantiger und ‚mangahafter‘.

Ein bisschen „Phantom der Oper“ (das Cover und das Orchester-Milieu wecken Assoziationen), dazu eine gute Prise „Doubt“ (Yoshiki Tonogai) und ansprechende Zeichnungen – das ist „Conductor“. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht!