Jennifer Estep: Frostkuss – Mythos Academy 1 (Buch)

Jennifer Estep
Frostkuss
Mythos Academy 1
Übersetzung aus dem Englischen von Vanessa Lamatsch
Piper (IVI), 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 398 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-492-70249-2 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

Jennifer Estep ist immer auf der Suche nach einer guten Geschichte. Sie veröffentlichte in ihrer Heimat bereits einige paranormale Romanzen für Erwachsene. Nun legt sie die erste Reihe vor, die sich an Leserinnen im Teenager-Alter richtet und zwei beliebte Themen zusammenbringt, die nicht schon seit Harry Potter und Co. Interesse finden: Magie und Schule.

Die Berührung einer einfachen Haarbürste hat das Leben von Gwen Frost auf den Kopf gestellt. Denn danach wurde alles anders. Nicht nur, dass eine seltsame Gabe in ihr erwachte und sie erkennen ließ, dass eine Schulkameradin von ihrem Stiefvater missbraucht wurde, kurz danach starb auch noch ihre Mutter. Zu allem Überfluss schickt sie ihre Großmutter nun auch noch nach einer angemessenen Trauerzeit auf die Mythos Academy, eine Privatschule, auf der nichts so ist, wie sie es kennt. Denn Schüler und Lehrer glauben daran, dass sie Nachkommen von Amazonen, Walküren, Wikingern oder Spartanern sind – großen Helden- und Kriegergeschlechtern, die heute gerade mal in Mythen präsent sind. Dementsprechend ist auch der Unterricht angelegt.

Gwen fragt sich, was sie hier soll, denn sie ist alles andere als eine Kämpferin und schon gar nicht reich. So bleibt sie eine Außenseiterin, die so gut wie gar nicht beachtet wird, sich so aber ihr eigenes Bild von den Leuten machen kann. Erste Annäherung gibt es durch einen kleinen Zwischenfall – sie beschafft einem Jungen ein Armband wieder und erkennt dabei, dass die Diebin es nicht aus Gier genommen hat, sondern Eifersucht. Ohne es herauszufordern entwickelt sich eine Freundschaft. Dann aber wird eine andere Mitschülerin in der Bibliothek ermordet und Gwen steckt plötzlich mittendrin, denn ihre normale Wahrnehmung aber auch ihr ganz besonderer Sinn stoßen sie darauf, dass etwas dabei nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Und zum ersten Mal begreift sie, dass die Erzählungen von Göttern, Kriegen und Magie nicht nur fiktive Geschichten sind, sondern die Abbilder einer verborgenen Wahrheit und schrecklichen Gefahr, die die Welt erneut erschüttern könnte.

Jennifer Estep benutzt Zutaten, wie man sie aus vielen ähnlichen Geschichten kennt – ein junges Mädchen, das sich bisher für normal gehalten hat, landet auf einer Schule, auf der sie nicht allein mit ihrer Gabe ist. Ehe sie sich versieht steckt sie mitten in einem mythologischen Zweikampf. Jüngere Leser mögen dies aus den „Percy Jackson“-Romanen kennen – Jennifer Estep präsentiert eine erwachsenere Version davon, in der Liebe und Romantik eine genauso wichtige Rolle spielen. In weiten Teilen des Buches werden so die typischen Teenagerprobleme aufbereitet; die Heldin ist ein Außenseiter, die nicht viel mit den tonangebenden Zicken anfangen kann und sich lieber an der Seite hält. Erst nach und nach entdeckt sie, dass nicht alle so sind, wie sie sich geben und findet sogar so etwas wie Freunde. Auch ein Love-Interest kommt dazu, natürlich der Junge, den sie am wenigsten leiden kann und dem sie normalerweise aus dem Weg geht. Erst nach und nach schleichen sich die magischen Inhalte ein – die Mythen scheinen lebendig zu werden und Geheimnisse berühren Gwen, die ihr beweisen, dass sie sich entscheiden muss. So wächst sie nach und nach in ihre Rolle hinein.

Das alles ist nicht besonders neu, wird aber ansprechend und unterhaltsam erzählt. Die Autorin geizt dabei nicht mit Reminiszenzen an die moderne Pop-Kultur, einige zum Thema passende Filme und Serien aus den letzten fünfzehn Jahren werden erwähnt, die Jugendlichen sind so, wie man sie auch aus den Highschool-Serien kennt. Gleichzeitig mischt sie munter die Mythen der Welt durcheinander und konzentriert sich nicht nur auf einen Sagenkreis, was das Verhalten der Helden und magischen Kräfte nicht immer vorhersehbar macht. Immerhin ist das Buch nicht voller Liebe und Beziehungskisten, gerade zum Ende hin kommt auch gehörig Action ins Spiel und beweist, dass auch das Abenteuer seinen Platz in der Handlung haben wird.

Aus dem Grund werden sich vermutlich vor allem junge Leserinnen ab zwölf, dreizehn Jahren von „Frostkuss“ und der Reihe „Mythos Academy“ angesprochen fühlen – eben genau die von der Autorin und dem Verlag beabsichtigte Zielgruppe, die neben Magie und Abenteuer auch Liebe und Romantik mögen.