Valerian Çaithoque: Sarathoas – Amizaras Chronik 2 (Buch)

Valerian Çaithoque
Sarathoas
Amizaras Chronik 2
Titelillustration von Felix Mertikat
Amizaras, 2013, Hardcover, 834 Seiten, Euro 29,95, ISBN 978-3-9814421-1-3

Von Carsten Kuhr

Vor rund zwei Jahren erschien ein Buch, das aus der Vielzahl der monatlichen Novitäten herausstach. Teils phantastischer Thriller, teils Urban Fantasy, legte Valerian Çaithoque im extra für das Projekt gegründeten Amizaras Verlag den ersten Band seiner Amazaras Chroniken auf. Schon äußerlich bot sich das Buch sensationell an: Halbledereinband mit reicher Prägung, dazu in Spot-Prägedruck die Abbildung eines Amuletts, der Text wurde auf optisch auf altes Pergament getrimmtes Papier gedruckt, dazu unzählige Illustrationen, die nur zu oft im Text selbst eingerückt wurden, und handschriftliche Anmerkungen, die den Leser zusätzlich forderten.

Rein äußerlich hat sich nichts geändert. Halbledereinband, Spot-Prägedruck, Lesebändchen, unzählige Illustrationen, die vom Text umflossen werden, übergroßes Format und die launisch-sarkastischen handschriftlichen Anmerkungen – alles wieder da.

Hier vorab eine Warnung: Zwar hat der Autor dem Band eine kurze Auflistung der handlungsrelevanten Figuren vorangestellt, wer den ersten Teil aber nicht gelesen hat, kann dem verschachtelten Plot unmöglich folgen.

Die Handlung selbst setzt an exakt der Stelle an, an der sie im ersten Teil abbrach. Nach wie vor begleiten unsere Protagonisten – Helden mag ich sie beileibe nicht zu nennen, nicht einmal solche wider Willen – die verheißene Retterin der Menschheit Azrahel bei ihrem Versuch, ihr verlorenes Gedächtnis und ihre Kräfte wiederzufinden. Verfolgt werden sie von mehreren Geheimlogen, die im Auftrag der Ariachen, der Engel, oder gegen diese intrigieren und mit allen Mitteln versuchen, ihre Macht zu sichern und zu vergrößern. Was könnte als Preis auch höher sein als die Kadischim Formel, die Chance auf ewiges Leben und Gesundheit, ohne dass man dabei auf die Kräfte und Gnade der Ariach angewiesen ist. Es wird gejagt, intrigiert, verraten und gekämpft in den zwei alternierend angelegten Handlungssträngen.

Wie im ersten Teil vermeidet es der Autor geschickt, dabei zu werten – schwarz-weiß Zeichnungen gibt es nicht, stattdessen untermauert er seine spannende Handlung mit jeweils glaubwürdigen oder mysteriösen Motivationen. Insbesondere die Zeichnung der Ariach als überlegene, äonenalte Wesen, die schlicht nicht mit menschlichen Maßstäben gemessen werden können, deren Handlungen kaum nachvollziehbar sind weil uns dazu deren Wertemaßstab und damit ihre Motivation fehlt, verleiht dem Band erneut ungewöhnliche Tiefe. Hier warten keine göttlichen Boten, keine gefallenen oder aktuellen Diener des Herrn auf den Leser, sondern Wesen, die bestimmend handeln, ohne groß auf die Auswirkungen, die ihre Taten auf die Menschen haben, Rücksicht zu nehmen.

Historische Fakten verbinden sich mit geschichtlichen Referenzen, Vorgängen und Geheimnissen zu einer Kulisse, vor der die erneut rasant ablaufende Handlung von einem Kulminationspunkt zum nächsten eilt. Das hat Tempo, verlangt vom Leser aber auch, sich auf die verschachtelten Geschehnisse einzulassen, immer wieder zu reflektieren, neu zu bewerten, zu überdenken und zu rätseln – nur um am Ende von einer so nicht vorhersehbaren Wendung überrascht zu werden. Dabei gilt es, viele Details aus der bisherigen Handlung parat zu haben, was die Lektüre nicht immer einfach macht. Schnell runterlesen ist nicht; wenn man das Buch genießen will, dann braucht man Muße, Zeit und viel Sitzfleisch, zumal die Abende und Nächte lang werden, da, einmal begonnen, das Buch kaum aus der Hand gelegt werden kann.

Wer also phantastische Thriller voller Wendungen, Geheimnisse und Anspielungen mag, wer an bibliophil gefertigten Büchern Freude hat, der kann hier unbesehen zugreifen. Allerdings wird es bis zum dritten Teil vermutlich wieder zwei Jahre dauern – eine baldige Auflösung ist also noch nicht in Sicht.