Limit 3 (Comic)

Keiko Suenobu
Limit 3
Aus dem Japanischen von Claudia Peter
EMA, 2013, Taschenbuch, 164 Seiten, 6,50 EUR, ISBN 978-3-7704-7875-0

Von Irene Salzmann

Einige Tage sind seit dem Busunglück vergangen, das bloß fünf Schülerinnen überlebt haben, und jetzt erst wird bekannt, dass der Bus sein Ziel nie erreicht hat. Die Witterung erschwert die Suche, und die entsetzten Eltern wappnen sich für das Schlimmste. Auf Rettung hoffend, richten sich die Mädchen in einer Höhle nahe der Unfallstelle ein. Das Mobbing-Opfer Morishige bringt eine Sichel in ihren Besitz und schikaniert die anderen mit der von ihr eingeführten Hackordnung. Vor allem jene, die ihr früher besonders zusetzten, sollen büßen. Als sich die Gelegenheit ergibt, nimmt die verängstigte Usui die Sichel an sich und läuft davon, um auf eigene Faust einen Weg aus der Wildnis zu finden.

Konno, die nach ihr sucht, stürzt entkräftet einen Abhang hinunter und wird wie durch ein Wunder gerettet: Hinata, ein Klassenkamerad, wurde bei dem Unfall aus dem Fenster geschleudert, streifte allein durch den Wald und entdeckte schließlich den Rauch des Feuers bei der Höhle. Er ist erleichtert, dass er nicht der einzige Überlebende ist, und auch die Mädchen schöpfen neuen Mut, weil er davon überzeugt ist, dass sie es gemeinsam schaffen werden.

Als Morishige ihn sieht, rastet sie völlig aus und läuft davon. Ohne die Sichel hat sie keine Macht mehr über die anderen, einen Jungen will sie nicht in ‚ihrem Reich‘ dulden, und zurück nach Hause möchte sie schon gar nicht. Schließlich gibt sie ihrem Selbstmitleid nach und versucht, mit einer Glasscherbe Suizid zu begehen. Das misslingt – und dann entdeckt sie etwas, das für sie und die anderen alles verändern wird.

Diese ahnen nichts von der neuen Entwicklung. Während Hinata und Ichinose nach essbaren Pflanzen suchen, halten Konno und Kamiya nach Usui Ausschau. Was sie finden, lässt sie das Schlimmste für ihre kleine Gruppe befürchten.

Keiko Suenobu beweist einmal mehr ihr Geschick, dramatische Cliffhanger setzen zu können. Kaum hat sich die Situation für die Überlebenden des Busunfalls ein wenig gebessert, kommt die nächste Katastrophe auf sie zu. Kamiya und Konno, die genau davor große Angst hatten, müssen sich nun auf etwas gefasst machen, was Schlimmer sein wird als alles davor. Hinata und Ichinose haben noch keine Ahnung, in welcher Gefahr sie schweben.

Realistisch und ungeschönt schildert die Mangaka den Überlebenskampf der Schüler. Man möchte Hinata zustimmen, dass sie es schaffen können, wenn sie zusammenhalten. Doch Morishige hat ihre eigenen Pläne und kennt keinerlei Skrupel, um ihre eigene kleine Welt, in der sie über andere herrschen kann, zu erhalten. Weder begreift sie, was sie den anderen bisher schon angetan hat, noch zeigt sie Reue – im Gegenteil: Ihr Selbstmitleid und der Hass auf die anderen wird immer größer. Man erfährt nun zwar die Gründe dafür, die noch tiefer gehen als das Mobbing der Mitschüler, aber das entschuldigt nicht ihr Handeln.

Inzwischen dürfte jeder Leser überzeugt davon sein, dass Morishige nicht nur eine wandelnde Zeitbombe sondern außerdem psychisch krank ist, da sie jegliche Moralvorstellungen hinter sich gelassen hat. Für die anderen der Gruppe sieht man düstere Zeiten anbrechen, und es wird immer fraglicher, ob sie dieses Szenario des Grauens überleben werden.

Neben den unmittelbaren Problemen werden auch die inneren Konflikte der Einzelnen beleuchtet. Sie alle haben sich durch den Unfall verändert, die einen zum Besseren, die anderen zum Schlechten. Fast jeder von ihnen hinterfragt sein bisheriges Leben, sein Verhalten anderen gegenüber, seine Ziele. Dadurch kommen sich einige von ihnen, die früher wenig miteinander zu tun gehabt hatten, näher oder lernen sich von einer neuen Seite kennen. Sie alle hoffen auf eine zweite Chance, die ihnen von Morishige vielleicht genommen wird.

Die Zeichnungen sind realistisch-idealistisch und sehr ansprechend, würden auch Comic-Freunden gefallen, die sich nicht für Mangas begeistern können. Das zusammen mit der packenden, überzeugenden Handlung und Charakterisierung der Protagonisten macht „Limit“ zu einer Top-Serie für das reifere Publikum.