Lazar von Hellenbach: Die Insel Mellonta (Buch)

Lazar von Hellenbach
Die Insel Mellonta
Mit einem Nachwort von Dr. Ulrich Bach
Verlag Dieter von Reeken, 2012, Paperback, 158 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-940679-69-7

Von Carsten Kuhr

Eine Welle spült Alexander, seines Zeichens ein begüterter Adeliger eines europäischen Geschlechts, von Bord des Schiffes, auf dem er gerade aus Indien kommend die Weiterreise über den Stillen Ozean angetreten hat. Es gelingt ihm, sich auf eine einsame Insel zu retten. Kurz nachdem er das unbekannte Eiland betreten hat, rudert eine kleine Flottille von primitiven, selbst gebauten Booten vorbei und rettet ihn aus seiner Not. Er begleitet seine Retter zu einer einsamen, der Mächtigen der Welt unbekannten Koralleninsel, auf der ein französischer Adeliger vor Generationen sich, seine Freunde und ehemalige afrikanische Sklavinnen vor den Unbilden der Politik und gesellschaftlicher Verwerfungen in Sicherheit gebracht hat.

Nach Jahrzehnten der ungestörten Entwicklung abseits der Großmächte haben die Menschen sich hier ein Paradies in Form einer freien Kommune aufgebaut. Der letzte Wille des Gründers der friedlichen Gesellschaftsform bestimmt, dass Alexander, als Abgesandter der alten Mächte, zu entscheiden hat, ob die Ansiedlung weiterbesteht oder, ob die Bewohner nach Europa zurückgeführt werden sollen. Das utopische Paradies, das Alexander zunächst mit ungläubigen, dann staunenden Augen besucht, und das Alexander als höchstes Idyll menschlichen Zusammenlebens vorkommt, vergeht dann in einem Vulkanausbruch – Alexander, der Chronist wacht aus einem Traum auf…

Lazar von Hellenbach (1827-1887) nutzt seinen Roman dazu, uns ein idyllisches Reich, das an kommunistische Tagträume erinnert, zu präsentieren. Freie Liebe, das gemeinsame Aufziehen von Kindern, das Miteinander, stehen ganz im Zentrum der Utopie. In dem paradiesischen Umfeld seiner einsamen, vergessenen Südseeinsel, unter Palmen und zunächst unbedroht von äußeren Gefahren, konnte sich hier eine perfekte, friedlich in sich ruhende Gesellschaft entwickeln. Hier konnte der Autor gegen soziale und nationale Vorurteile zu Felde ziehen, das aber verpackt in ein liebreizendes Bild einer fast perfekten Gesellschaft.

Als Idee ist das Grundgerüst, zu dem sich neben der utopischen Gesellschaftsform auch die Überzeugung gesellt, dass Geburt und Tod nur ein Wechsel der Anschauungsform darstellen, dass der Mensch in seiner Doppelnatur sich durch sein Ableben lediglich weiterentwickeln würde, auch heute noch interessant. Allerdings leidet die Lektüre unter der altertümlichen Sprache des Werks. Ganz bewusst wurde verlagsseitig darauf verzichtet die ungewohnten, überholten Schriftweisen und Ausdrücke zu modernisieren, hat man dem Leser den ursprünglichen Text an die Hand gegeben. Das sehr informative Nachwort von Dr. Ulrich Bach von der Texas State University schleißt die Neuausgabe ab.