Professor Zamorra 43: Boulevard der Finsternis, Simon Borner (Buch)

Professor Zamorra 43
Boulevard der Finsternis
Simon Borner
Titelillustration von Sandobal
Zaubermond, 2012, Taschenbuch, 208 Seiten, 14,95 EUR

Von Carsten Kuhr

Hollywood, die Stadt der Engel, die Stadt der Träumer, die Stadt, in der Menschen zu Stars gemacht werden und in der Stars dem Vergessen anheimfallen. Hollywood 1944. Drei gefeierte Schauspieler kehren aus dem Krieg zurück. Über England haben sie ihre Haut für die Alliierten gegen die Bomber des Dritten Reiches zu Markte getragen, jetzt kehren sie an die Stelle zurück, an der sie einst Triumphe feierten. Doch niemand will sie mehr engagieren, das Publikum hat neue Heroen auserwählt, keiner braucht, keiner will mehr alternde Stars sehen.

Eine der Drei begeht Selbstmord, die anderen Beiden wollen sich ihrem Schicksal nicht einfach ergeben. Mittels schwarzer Magie beschwören sie einen Dämon, den sie zwingen, ihnen das zu verschaffen, was sie am meisten suchen: Ruhm. Doch wie immer, wenn das Dämonengezücht seine Hand im Spiel hat, gilt es früher oder später einen Preis zu zahlen. Gut sechzig Jahre später ist es soweit. Der Graue Mann, der einst gebannt wurde, entkommt seinem Gefängnis und fordert die Begleichung der Schuld. Da, wo einer der einstigen Beschwörer seine Triumphe feierte, das Theater, aus dem Nacht für Nacht eine Late-Night-Show, nein die Late-Night-Show schlechthin, produziert wird, schlägt der Graue Mann zu – nur eine alte Diva, ein erfolgloser Privatdetektiv und Professor Zamorra könnten ihn aufhalten – wenn sie viel Glück haben…

Es ist immer wieder schade, dass die Autoren die Chancen, die ihnen die Fortschreibung der erfolgreichen Heftserien im Zaubermond Verlag bieten, nämlich ihre Handlung auf ein breiteres Gerüst zu stellen, den vorhandenen Platz zu nutzen um den Handlungsbogen weiter zu fassen, zu oft nicht nutzen. Die Zamis-, aber auch die Dorian.Hunter-Bände vereinen zwischen ihren Buchdeckeln immer wieder mehrere Einzelromane in Heftromanlänge. Einzig in den Professor-Zamorra-Titeln nutzen die Autoren die ihnen gebotenen Möglichkeiten weidlich aus.

Simon Borner hat mich dabei überrascht – positiv überrascht! Nicht nur, dass er stilistisch sehr ansprechend fabuliert, er präsentiert dem Leser eine Geschichte, die diesen von der ersten Seite an in ihren Bann zieht. Dabei nutzt er den Serienkosmos nur am Rande, konzentriert sich ganz auf seine interessant gezeichneten Figuren. Natürlich spielt er dabei mit altbekannten Stereotypen – die alternde Diva, das sexy Scriptgirl, der alles auf die Besetzungscouch zerrende Star oder der heruntergekommene aber herzensgute Detektiv dürfen nicht fehlen –, wandelt und entwickelt diese dann aber ab und erzählt uns eine packende Geschichte. Dabei lässt er nebenbei viel Wissenswertes über die Stadt der Engel und ihre Starfabriken einfließen, verwöhnt uns aber auch mit einem Plot, der geschickt Elemente des Detektivromans mit sehr dosiert eingesetzten übernatürlichen Sequenzen und Schicksalen verbindet, die uns betroffen machen. Das liest sich spannend, wirkt rundum gelungen und stellt einen der besten Romane der „Zamorra“-Zaubermond-Reihe dar.