Gruselkabinett 71: Der Eschenbaum, M. R. James (Hörspiel)

M. R. James & Mark Gruppe (Script)
Der Eschenbaum
Gruselkabinett 71
Sprecher: Hasso Zorn, Frank-Otto Schenk, Hans-Jürgen Dittberner u.a.
Titania Medien, 2012, 1 CD, ca. 59 Minuten, ca. 8,99 EUR, ISBN 978-3-7857-4719-3

Von Christel Scheja

Montague Rhodes James (1862-1936) gehört neben Sheridan Le Fanu zu den Autoren, die ihren Geschichten um Geistern und Gespenstern eine eher literarische Note verliehen und heute zu den unbekannteren Klassikern der viktorianischen Schauerromantik gehören. Seine Erzählung „Der Eschenbaum“ wurde nun von Mark Gruppe in ein Hörspiel umgesetzt.

England gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Auch auf der britischen Insel ist der Hexenwahn ausgebrochen und viele unschuldige Frauen müssen sterben, weil sie der Schadenszauberei angeklagt werden. Sir Matthew Fell gehört zu den Adligen, die die Abgeschiedenheit des Landlebens schätzen und eigentlich nur ihre Ruhe haben wollen. Allerdings wird diese in der Nacht in der letzten Zeit immer wieder durch eine Frau gestört, die sich ganz offensichtlich heimlich auf sein Anwesen schleicht, um irgendetwas mit dem Eschenbaum anzustellen, der unweit des Anbaus, in dem auch sein Schlafgemach liegt, in die Höhe wächst. In Verdacht gerät schnell Mrs. Mothersole, die im Dorf zwar einen untadligen Ruf besitzt, aber dennoch etwas Unheimliches an sich hat. Fell lässt sie gefangennehmen, aburteilen und hinrichten. Kurze Zeit später stirbt er unter ebenso mysteriösen wie grausamen Umständen. Ab diesem Zeitpunkt vermeiden es die weiteren Bewohner, in dem Raum zu übernachten. Erst sein Enkel Richard durchbricht gut fünfzig Jahre später das Tabu, nicht ahnend, dass der Fluch den Mrs. Mothersole kurz vor ihrem Tod ausstieß, immer noch seine Wirkung hat...

Die Geschichte ist zweigeteilt. Zunächst einmal wird eine klassische Geschichte aus der Zeit der Hexenverfolgung in Szene gesetzt. Den düsteren Ereignissen folgen ein Verdacht und die Verurteilung einer vermeintlich unschuldigen Frau, die erst im Angesicht des Todes ihr wahres Gesicht zu zeigen scheint. Dazu kommt ein Fluch, der natürlich Erfüllung findet.
Erst fünfzig Jahre später ist dann ein aufgeklärter Geist dazu bereit, dem Aberglauben zu trotzen und den Hintergründen auf die Spur zu gehen.

Das ist atmosphärisch in Szene gesetzt, denn die unheimlichen Ereignisse werden nur angedeutet und der Phantasie der Zuhörer überlassen. Allerdings schlägt die Geschichte nicht so in den Bann wie sie könnte, bleibt sie doch sehr distanziert, die Figuren weisen keine wirkliche Motivation auf, das Rätsel zu lösen, seine Enthüllung geschieht eher durch Zufall. Das nimmt der Handlung sehr viel an Dynamik und Kraft. Die Umsetzung holt jedenfalls das Beste aus der Geschichte heraus, was möglich ist: Musik und Soundeffekte ergänzen die glänzend agierenden Sprecher, die ganz in ihren Rollen aufgehen. Am Ende ist man deshalb durchaus zufrieden mit dem Ausgang des Hörspiels.

Alles in allem bietet „Der Eschenbaum“ solide und atmosphärisch ansprechende Unterhaltung, auch wenn die Geschichte nicht unbedingt zu den Highlights der „Gruselkabinett“-Reihe gehört.