ARS LITTERAE 8: Snakewoman und andere phantastische Geschichten, Alisha Bionda (Hrsg.) (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 17. November 2012 11:34

ARS LITTERAE 8
Snakewoman und andere phantastische Geschichten
Alisha Bionda (Hrsg.)
Titel- und Innenillustration von Andrä Martyna
Fabylon, 2012, Paperback, 200 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-927071-60-5
Von Carsten Kuhr
Zum ersten Mal legt die Herausgeberin Alisha Bionda eine Gedenk-Anthologie vor. Vor einem Jahr verstarb, früh und unerwartet, der Künstler Andrä Martyna, dessen Bilder nicht nur Bücher und Games zierten, sondern der auch für LITERRA, das Literaturportal, dem auch Alisha Bionda angehört, Kunstwerke schuf. In teilweise sehr persönlichen Geschichten und Einführungen nahmen die Autoren den Ball auf, suchten und fanden in den Bildern des verstorbenen Künstlers ihre Inspiration und entführen den Leser in phantastische Welten. Jedem Beitrag ist eine Illustration Martynas vorangestellt, eine kurze Einleitung zum jeweiligen Autor rundet den Beitrag ab.
Tanya Carpenter berichtet uns in „Dragemenn“ von einer jungen Witwe, der die Krankheit der Dorfbewohner und die Missernte auf den Feldern zur Last gelegt wird. Als verurteilte Hexe wird sie an die Esche gefesselt und dem Dragemenn, den humanoiden Nachfahren der Drachen, zum Richtspruch überlassen. Als dieser erkennt, dass die vermeintliche Hexe unschuldig ist, macht er sich auf, den wahrhaft Schuldigen zu ermitteln und zur Rechenschaft zu ziehen.
Ascan von Bargen erzählt uns in „Morvan’s Dale“ eine atmosphärisch dichte Geschichte aus dem Sümpfen Louisianas. Anno 1776 kehrt Lucien d’Arc ein letztes Mal in seine alte Heimat zurück. Hier, in den Sümpfen Louisianas, hatte er einst gelebt, hatte seine wahre Liebe und mit dieser sein Glück gefunden. Und hier hatte er alles wieder verloren. Nun, nachdem er sich in Frankreich erholt und in Rom Beistand gesucht hat, kehrt er zurück an den Ort, an dem einst das Glück wohnte und der nun von Todeszeitläufern okkupiert wurde. Das alte Anwesen, das er einst sein Heim genannt hatte, ist nun ein Pfuhl, in dem die Dämonen sich ausgebreitet haben. Doch nicht mehr lange, so hat er sich geschworen, und öffnet die Tür zum Reich der Dämonen.
In Linda Budingers „Die Stadt der schweigenden Türme“ ist Moonglow, eine Mineralische, wie die Bewohner von Turmstadt sich selbst nennen, fünfzehn Jahre alt, als die Seuche sie befällt. Um die anderen Bewohner der Stadt zu schützen werden die Erkrankten sofort isoliert oder in Säure aufgelöst. Moonglow wird in den Turm ihrer Familie eingemauert und beschließt, den Verlauf ihrer Krankheit, solange es ihr möglich ist, zu dokumentieren. Dabei stößt sie nicht nur auf ein Heilmittel sondern erfährt auch, woher ihre einst steinerne Rasse gekommen ist.
Ruth M. Fuchs berichtet uns in „Ein Leben für ein Leben“ von einer Kriegerin, die auszog, den Tod ihres Geliebten zu rächen. Nachdem sie das Drachenweibchen, das für den Tod ihres Verlobten verantwortlich war, getötet hat, erfährt sie die Wahrheit über ihren großzügigen Geliebten. Um das von diesem begangene Unrecht wieder gutzumachen, entschließt sie sich, an die Stelle der von ihr getöteten Drachin zu treten.
Barbara Büchner lässt eine junge Kunststudentin in „Snakewoman“ ihr vermeintliches Glück finden. Aus dem Nachlass eines zwar renommierten, aber nur leidlich begabten Malers kauft die Studentin nicht nur dessen Atelier, sondern auch die dort verborgenen genialen expressionistischen Bilder des Verstorbenen. Mehr noch, sie findet den Grund für die plötzliche und unerwartete Talentsteigerung des Malers – und erhält ein unwiderstehliches Angebot, das aber seine Tücken hat.
Wir begleiten Gundula Sell in „Das Sammeln“ in einen totalitären Staat. Eine Agentin wird ausgesandt, um nach Agenten zu suchen, die sich für eine gute Tat zur Verfügung stellen. Zusammen mit zwei Rebellen im Geiste macht sich die Agentin auf, Unterstützung für die Fliedermutter zu suchen. Das Vorhaben gelingt, doch das Ergebnis ist etwas ganz anderes, als es der Leser erwartet.
In Sören Preschers Beitrag, „Hawleys Gemälde“, begleiten wir einen Dieb bei seinem Raubzug. Eigentlich wollte er ja gar nicht in das Museum einsteigen und das Fantasy-Bild eines unbedeutenden Piraten stehlen, doch das leicht verdiente Geld könnte er gut gebrauchen. Der Bruch schien auch einfach – bis sich der Raubzug ein wenig anders gestaltet, als gedacht.
Florian Hilleberg berichtet uns in „Jagdfieber“ von einem merkwürdigen neuen Nachbarn. Schüchtern ist er, sieht aber gut aus und doch umgibt ihn ein Hauch von Gefahr – wie auch seine Nachbarin und deren Freund erleben müssen.
In Gian Carlo Ronellis „Rihanna“ lernen wir zwei verfeindete Stämme kennen. Romeo und Julia standen Pate, als der Autor uns die Geschichte zweier junger Kämpfer erzählt, die sich, obzwar den unterschiedlichen Stämmen angehörig, ineinander verlieben. Als ein wildes Volk die Siedlung eines der Stämme überfällt können nur die Krieger des verfeindeten Stammes die Entführten retten.
Tobias Bachmanns „Im Abbild des Mondes“ stellt uns den Fotografen Andreas Martin vor. Einst war er der gefeierte Senkrechtstarter, in dessen Bildern immer das Widersprüchliche thematisiert wurde. Nach einem Skandal ist er abgerutscht, kann kaum seine heruntergekommene Wohnung im Rotlichtviertel der Stadt bezahlen. Sein letzter Auftrag, die Ablichtung einer verfallenen Ruine bei Vollmond, ist ihm misslungen – zeigen die Bilder doch eine geflügelte Frau auf dem Wasserspeier. Was nur hat er hier fotografiert? Als er an den Ort der Aufnahmen zurückkehrt wartet die Unbekannte bereits auf ihn.
Alisha Bionda selbst schließt dann den Reigen. In „Die Moorleichen“ stellt sie uns ein Dorf vor, in dem gar Merkwürdiges vorgeht. Aus dem Moor erheben sich Gestalten, immer wieder kommt es zu Unglücken, versinken Kinder in dem feuchten Erdgrab. Als ein junger Mann das Moor trockenlegen und die Leichen in geweihter Erde beisetzen will, überschlagen sich die Ereignisse.