Jörg Benne: Verschollen – Das Schicksal der Paladine 1 (Buch)

Jörg Benne
Verschollen
Das Schicksal der Paladine 1
Titelbild: Adam Adamczyk
Koios, 2012, Paperback, 318 Seiten, 14,50 EUR, ISBN 978-3-90283-01-1

Von Christel Scheja

Der 1975 in Bottrop geborene Jörg Benne lebt heute mit seiner Familie im Rheinland. Er studierte Informatik und arbeitete mehrere Jahre als Software-Entwickler und betreibt heute ein Online-Magazin. „Verschollen“ ist sein Debütroman und gleichzeitig der Start seiner Saga um „Das Schicksal der Paladine“.

Als seine Schwester Svenja durch einen Autounfall so schwer verletzt wird, dass sie ins Koma fällt und es keine Hoffnung zu geben scheint, dass sie daraus jemals wieder erwacht, wird auch das Leben des jungen Tristan auf den Kopf gestellt. Er erfährt, dass sein Vater nicht – wie er all die Jahre glaubte – auf einer Bohrinsel arbeitet und nur deshalb so selten nach Hause kommt. Tatsächlich hält er sich in den Zeiten der Abwesenheit in einer anderen Welt auf, um dort als Paladin für den Schutz der Völker dort zu sorgen. Einige Menschen von der Erde haben auf Nasgareth besondere Kräfte und sind nicht einfach nur stark und langlebig. Vor allem Martin der Wirt wird zu einem guten Freund und wichtigen Mentor. Nun allerdings ist Darius schon eine ganze Weile verschollen und meldet sich nicht. Ausgerechnet Rebecca, die Assistentin seines Vaters, bittet Tristan nun, ebenfalls das Weltentor zu durchschreiten und sie, wie auch andere, bei der Suche nach den verschwundenen Paladinen zu helfen.

Der Junge wagt den Schritt in die andere Welt und erfährt so, dass auch er einer der Auserwählten ist. Doch bis er wirklich ein Paladin sein kann, muss er mehr über die Welt, ihre Völker und Orte, die Paladine und ihre Widersacher erfahren. Wie ernst die Lage ist erfährt er, während er mit anderen Nachfahren der Paladine lernt, mit seinen Kräften und magischen Fähigkeiten umzugehen, denn auch von einem Suchtrupp, der losgezogen ist, um das Schicksal der Verschollenen zu ergründen, fehlt jegliche Spur und düstere Gerüchte verdichten sich…

Einen Jungen auf dem Weg zum Erwachsenwerden in eine andere Welt zu schicken, in der er sich bewähren und vom Kind zum Manne werden muss, das ist eines der klassischen Themen der All-Age-Fantasy. In dieser Beziehung bewegt sich Jörg Benne auf breit ausgetretenen Pfaden. Es gelingt ihm jedoch, der Geschichte neue Facetten zu verleihen, was nicht allein an der Gestaltung der Welt liegt. Neben einem sehr interessanten Magiesystem, macht er es dem jungen Helden auch nicht all zu leicht, muss dieser doch erfahren, dass das Leben seiner Familie zum Teil auch Lüge war. Das Wiedersehen mit seinem Vater ist daher nicht so überschwänglich wie gedacht, was den Figuren zumindest ein wenig Profil und Charakter verleiht, so dass man an ihrem Schicksal Anteil nimmt.

Die Geschichte nimmt sich viel Zeit, in die Welt einzuführen. Zusammen mit dem jungen Helden lernt auch der Leser das Magiesystem zu verstehen. Beschreibungen lassen die Umgebung wie auch die Nebenfiguren vor dem inneren Auge lebendig werden. Gerade junge Leser werden sich sehr schnell zurechtfinden und mit den Helden identifizieren können, denn sie wirken natürlich, gängige Klischees werden vermieden. Durch die vielen Beschreibungen und Ausschmückungen kommt das eigentliche Abenteuer allerdings nur langsam in Fahrt und braucht eine Weile, so dass sich gerade zum Ende hin die Ereignisse leider etwas zu sehr überstürzen und es sich der Autor stellenweise ein bisschen zu einfach macht. Alles in allem ist die Geschichte weitestgehend in sich geschlossen, es bleiben aber noch viele Fragen offen, die neugierig auf die Fortsetzung machen.

„Verschollen“, der Auftakt der Saga um „Das Schicksal der Paladine“ ist ein grundsolider Fantasy-Roman, der seinem Anspruch junge wie alte Leser anzusprechen durchaus gerecht wird. Umgebung und Figuren werden sehr atmosphärisch geschildert, allein der Spannungsbogen ist noch nicht ganz gelungen, was sich in kommenden Bänden aber noch verbessern kann. Der Zyklus hat zudem Potential, weil er den gängigen Klischees dieses Themas bewusst neue Facetten verleiht und so ein wenig aus der Masse gleichartiger Romane herausragt.