Brooks, Max: Wer länger lebt, ist später tot (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 07. November 2009 00:00
Max Brooks
Wer länger lebt, ist später tot
Zombie 2
(Word War Z. An Oral History Of The Zombie, 2006)
Aus dem Amerikanischen von Joachim Körber
Goldmann, 2007, Taschenbuch, 448 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-442-46539-2
Von Birgit Scherpe
»Wer länger lebt, ist später tot« ist der Nachfolgeband des Weltbestsellers »Der Zombie Survival Guide« des amerikanischen Schriftstellers Max Brooks, Sohn des bekannten Komikers Mel Brooks. Um es gleich vorwegzunehmen: Das Buch ist nicht lustig, auch wenn der Titel etwas anderes verspricht.
In »Wer länger lebt, ist später tot« lässt Brooks die fiktiven Überlebenden des »Worldwar Z«, eines weltweiten Kriegs der Menschheit gegen Zombies, zu Wort kommen. In kurzen Interviews erzählt jeder von ihnen, wie sie den Krieg gegen die Untoten erlebt und überlebt haben, wie sie Heim und Heimat und teilweise auch Angehörige zurücklassen mussten, um sich selbst zu retten, und wie die zivile Welt unterging, weil nichts und niemand auf eine derartige Bedrohung vorbereitet war.
Brooks lässt sie alle zu Wort kommen: die Soldaten, die in der Schlacht Mann gegen Zombie feststellen mussten, dass alle modernen Waffen und Kriegsgeräte gegen diesen Feind kaum etwas ausrichten können; den Arzt der Patient Zero, den ersten mit der Zombieseuche infizierten Patienten, versuchte zu behandeln; den Kriegsgewinnler, der die Panik in den Städten ausnutzte und teils infizierte Menschen in vermeidlich sichere Länder schmuggelte; die Zivilbevölkerung, die in all dem Chaos irgendwie versuchte zu fliehen und zu überleben. Nach und nach erfährt man aus ihren Geschichten den Verlauf des Krieges von der Ausbreitung der Seuche, vom großen Sterben und Wiederauferstehen, bis hin zum knappen Sieg der Menschheit.
Der Erzählstil des Buches ist ungewöhnlich. Statt einer durchgehenden Geschichte gibt es nur eine Aneinanderreihen von Interviews, aus denen sich nach und nach der Verlauf des Zombie-Krieges herauslesen lässt. Er gibt keine Kommentare, keine Wertungen – sondern nur ein Interview nach dem nächsten, in denen die (natürlich fiktiven) Tatsachen und Geschichten berichtet werden. Eine zunächst originelle Idee, die aber leider zum Ende hin ein wenig eintönig wird, zumal der komplette Verlauf schon auf den ersten Seiten des Buches beschrieben wird und somit für den Leser keine Höhepunkte oder Überraschungen zu erwarten sind.
Dennoch hat »Wer länger lebt, ist später tot« seinen eigenen Reiz und ist durchaus lesenswert. Denn so lächerlich die Idee eines Zombiekrieges auch klingen mag, das Buch von Brooks ist bitterernst, kritisch und – was man bei dem Thema nicht unbedingt vermutet – extrem realistisch geschrieben. Man erkennt jeden der Interviewpartner wieder: das Militär, das auf seine teuren ›Spielzeuge‹ vertraut und bitter enttäuscht wird, den Menschenschmuggler dem es nur ums Geld geht, die Pharmafirma, die die neue Seuche als Trittbrett nutzt, um einen (unwirksamen) Impfstoff unter die Leute zu bringen, den Experten, der das Überleben weniger planen muss, den Politiker, der sich auch im Angesicht der weltweiten Krise nicht dazu durchringen kann, mit einem traditionellen Feindesland zusammenzuarbeiten. Sie alle sind Bestandteil unserer heutigen Gesellschaft, sie alle existieren irgendwo – und gerade das lässt Brooks Buch so beklemmend realistisch wirken.
Und so ist »Wer länger lebt, ist später tot« nur auf den zweiten Blick eine Zombiegeschichte und in erster Linie eine Geschichte vom Krieg und eine Kritik an der heutigen Gesellschaft und bietet somit ein wesentlich tiefschürfenderes Lesevergnügen, als der deutsche Titel ahnen lässt.
Insgesamt ein durchaus empfehlenswertes Buch, das vor allem Lesern gefallen könnte, die mit Interesse Schätzings »Schwarm« oder die Bücher Michael Chrichtons gelesen haben.