The Unwritten oder das wirkliche Leben 4: Leviathan (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 23. September 2012 15:58
Mike Carey und Peter Gross
The Unwritten oder das wirkliche Leben 4
Leviathan
(The Unwritten 19-24, 2011)
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration von Yuko Shimizu
Zeichnungen von Mike Carey und Peter Gross, Vince Locke und Al Davison
Übersetzung aus dem Englischen von Gerlinde Althoff
Panini, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 144 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-86201-293-0
Von Christel Scheja
Die Weltliteratur bietet viele faszinierende Möglichkeiten für Autoren, um ihre eigenen Ideen einzubringen und klassische Stoffe in einem ganz anderen Licht erscheinen zu lassen. Mike Carey und Peter Gross gehören zu den Künstlern, die den Spagat wagen, einerseits kurzweilige Comic-Unterhaltung zu bieten und andererseits eine Brücke zu tiefgründigeren Werken der Vergangenheit zu schaffen.
Bereits drei Bände sind von „The Unwritten“ erschienen, der vierte mit dem Titel „Leviathan“ beginnt eine neue Geschichte, die aber mit den vorherigen Geschehnissen immer noch eng verbunden ist.
Zwar ist Tom Taylor noch immer nicht wirklich von dem Verdacht freigesprochen worden, Schuld am Verschwinden seines Vaters Wilson zu sein, weil er genug davon hatte, nur als weltliche Verkörperung des Romanhelden Tommy Taylor angesehen zu werden, aber die Fans und die Medien haben das Interesse verloren und sich anderen Dingen zugewandt. Immerhin weiß Tom jetzt, dass bei den ganzen Ereignissen auch eine geheimnisvolle Organisation ihre Finger mit im Spiel hat, die ihn als Schlüsselfigur und Waffe im Ringen um die Welt verwenden will. Denn sie wollen die Welt nach ihren Vorstellungen formen.
Um Kraft zu sammeln hat er sich mit seinen Freunden Lizzie Hexam und Richie Savoy auf die Insel Nantucket zurückgezogen. Tom wird in die Magie des Buches „Moby Dick“ gezogen, das Herman Melville just an diesem Ort verfasst hat und muss sich schon bald seinem Schicksal stellen, selbst ein Teil der Mannschaft der „Peqoy“ unter dem harten Regiment des wahnsinnigen Kapitän Ahab zu sein – und damit genau zu wissen, dass er in den sicheren Tod segelt. Können ihm seine Freunde helfen, die derweil die Bekanntschaft einer Puppenspielerin machen?
Wieder schlägt das Schicksal den Helden ein böses Schnippchen – aber hat die Puppenspielerin, die symbolisch für diese Macht steht, nicht ohnehin alle Fäden in der Hand? Doch ist Tom wirklich in eine Falle gelaufen oder ist das Ganze eine wichtige Prüfung auf dem Weg, seine besonderen Fähigkeiten zu erkennen und mit ihnen umzugehen lernen? Und nicht zuletzt: Warum ist ausgerechnet sein Vater in die Rolle von Kapitän Ahab geschlüpft?
Die Künstler zitieren gerne und reichlich aus den Werken der großen Weltliteratur und zollen ihnen so Respekt, vor allem „Moby Dick“. Der kundige Leser kann Parallelen zwischen dem Roman und den Erlebnissen Tom Taylors ziehen und bekommt eine Ahnung, dass viel mehr hinter allem steckt als nur Spaß. Der Titelheld macht eine interessante Entwicklung durch, denn er muss sich auf das Wesentliche konzentrieren – hier inmitten der rauen Wahlfänger, die noch nicht wissen, was auf sie zukommt.
Alles ist hintergründig, der subtile Humor, die komplexe Handlung, selbst die gelegentlich durchschimmernde Action. Letztendlich muss der Leser sehr aufmerksam sein, um alle Details und Anspielungen zu entdecken. Heraus kommt eine poetische Geschichte mit Tiefgang, die ihre Spannung vor allem durch die überraschenden Wendungen und kryptischen Entwicklungen ziehen muss, die man erst einmal durchschauen muss. Passend dazu sind die Zeichnungen gehalten, die vor allem in den Teilen, die innerhalb von „Moby Dick“ spielen, sehr stark an die Buchillustrationen des 19. Jahrhunderts erinnern.
So erweist sich „Leviathan“ als vierter Band von „The Unwritten oder das wirkliche Leben“ als spannende Unterhaltung auf hohem Niveau, die vor allem Fans der klassischen Abenteuerliteratur und tiefgründigeren Comic-Geschichten ansprechen dürfte.