Brandon Mull: Die Schattenplage – Fabelheim 4 (Buch)

Brandon Mull
Die Zuflucht der Drachen
Fabelheim 4
(Fablehaven 4. Secrets of the Dragon Sanctuary, 2010)
Deutsch von Hans Link
Cover und Innenillustrationen von Brandon Dorman
Penhaligon, 2012, Paperback, 512 Seiten, 16,00 EUR, ISBN 978-3-7645-3091-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Gunther Barnewald

Dies ist das vierte Abenteuer von Kendra und ihrem jüngeren Bruder Seth und schildert erneut deren Erlebnisse rund um das magische Reservat Fabelheim.

Noch immer versucht ein korrupter Anführer namens Sphinx alle magischen Relikte aufzutreiben, die benötigt werden, einen mächtigen Dämon zu befreien. Der Sphinx will diesen dann kontrollieren und so die Macht über die ganze Welt erlangen. Kendra, Seth und all deren Helfer der sogenannten Ritter der Morgenröte stehen diesem im Wege, weshalb sie immer wieder von Mitgliedern der Gesellschaft des Abendsterns, deren Anführer der Sphinx ist, attackiert werden.

Beim neuesten Anschlag wird Kendra ohne das Wissen ihrer Familie von einer Doppelgängerin ersetzt, welche aus der Frucht eines Baumes, dem sogenannten Stechbulbus, gewachsen ist, auf Seiten der Feinde steht und nicht nur Kendra wie aufs Haar gleicht, sondern auch die meisten ihrer Erinnerungen besitzt. Als die Absichten des feindlichen Doppelgängers enttarnt werden, tötet sich die vermeintliche Kendra, ganz zum Entsetzen ihrer Familie. Erst später wird die Verschwörung enttarnt und die geflohene echte Kendra und ihre Helfer machen sich auf in einen verborgenen Hort der Drachen, denn dort ist eines jener zauberkräftigen Artefakte versteckt, welches den mächtigen Dämon aus seinem Gefängnis befreien helfen könnte.

Die Mitglieder der Gesellschaft des Abendsterns sind natürlich ebenfalls daran interessiert, den Talisman zu bekommen, und so müssen sich die Protagonisten diversen Gefahren auf dem Weg zum Artefakt stellen, ohne zu ahnen, dass ihre Mission genau zum Gegenteil dessen führen könnte, was sie sich eigentlich erhoffen...

Der vierte Band der Saga um das magische Fabelheim und die jugendlichen Helden Seth und Kendra wartet erneut mit einer gut erzählten und leidlich einfallsreichen Geschichte auf. Hier gefällt vor allem die Einführung des sogenannten Stechbulbus, für erfahrene Leser eindeutig eine Hommage an die Erfindung des SF-Autors Jack Finney, der 1955 mit „The Body Snatchers“ (in der deutschen Übersetzung heißen diese Wesen dann Körperfresser) in der Science Fiction für Furore sorgte, vor allem auch Dank der mindestens vier, teilweise überdurchschnittlichen Verfilmungen (vor allem die beiden ersten) des Stoffes.

Leider können sich die anderen Ideen von Brandon Mull mit dieser Kreativität ansonsten oft kaum messen. Lediglich der herrliche Rucksack, der einen ganzen magischen Keller enthält, der von äußeren Erschütterungen unbehelligt bleibt, die Frau, die ihren Mitmenschen Lebensjahre wegsaugt, um selbst jung zu bleiben und ein feenhafter Minidrache, der sich für die Schande seines mächtigen Vaters hält, sind die anderen positiven Überraschungen (für 500 Seiten eigentlich recht wenig, verglichen mit anderen Fantasywerken mit den üblichen Drachen, Vampiren und Werwölfen vielleicht aber auch wiederum recht viel!).

Das vorgelegte Abenteuer folgt im weiteren Verlauf dann leider den sehr ausgetretenen Pfaden der Fantasy-Konventionen: Die Helden müssen nach Erreichen des Wyrmroost, der Drachenzuflucht, immer wieder neue Gefahren stellen, um sich dem gesuchten Ziel zu nähern, bestehen diverse Prüfungen, opfern sich auf etc., das ganze übliche Gedöns halt. Immerhin hält der Autor gegen Ende der Geschichte eine größere Überraschung bereit, sodass die Handlung doch noch eine einigermaßen überraschende Wendung vollzieht und nochmals richtig spannend wird. Auch die langsame Herausbildung der magischen Talente des jungen Seth versteht der Autor geschickt einfließen zu lassen und glaubhaft zu schildern.

Trotz der 500 Seiten ist das Abenteuer gut lesbar, einige Seiten weniger hätten dem Buch aber nicht geschadet. Für alle Fans der Serie ist auch der vierte Band packende und kurzweilige Unterhaltung, absolut keine Enttäuschung. Wer anhand des tollen Stils des Autors (und damit auch der gewohnt flüssigen Übersetzung von Hans Link) allerdings mehr als die üblichen Konventionen erwartet, der sollte sich diese Idee mal möglichst schnell aus dem Kopf schlagen.

Ein besonderes Extralob an den Maler der Innenillustrationen und des Covers: Er versteht sein Handwerk und vor allem die Schwarzweißbilder im Buch werten diese Veröffentlichung nochmals erheblich auf (erfreulich, dass der Verlag sie mit einkaufte, was absolut nicht selbstverständlich ist).

Insgesamt ein gutes Werk, wenn auch leider nicht überragend.