Tim Curran: Verseucht (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 19. August 2012 12:17
Tim Curran
Verseucht
(Biohazard)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Usch Kiausch
Titelillustration von Danielle Turnstall
Festa, 2012, Taschenbuch, 446 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-86552-099-9 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Am 17. Oktober ist das Ende der Welt gekommen. Armageddon, komplett mit radioaktiven Fallout – die Waffen haben gesprochen und nichts ist mehr, wie es einmal war. Nachdem die Raketen die Metropolen bombardiert hatten, ging es erst so richtig los. Neben der Strahlenkrankheit breiteten sich längst besiegt geglaubte Seuchen rasant aus. Leichenberge blockierten die Straßen, die wenigen Überlebenden suchen in den Ruinen nach Medikamenten, Nahrung und Waffen.
Rick Nash lebt in Youngstown, Ohio. Nachdem seine Frau der Strahlenkrankheit zum Opfer fiel, macht er sich auf gen Westen. Ein rätselhaftes Wesen, das er Schattengebilde nennt, flüstert ihm zu, dass nur der Westen Hoffnung, ja Sicherheit bietet. Für seine Unterstützung und seinen Schutz vor Seuchen und der Radioaktivität aber verlangt das Schattengebilde Opfer – Menschenopfer. Zusammen mit einer Reihe von Begleitern macht Rick sich auf, den Weisungen des Schattengebildes zu folgen.
Auf seinem Weg durch das zerstörte Land gen Westen stößt er auf radioaktiv verseuchte, zu lebenden Atombomben mutierten Kindern, intelligenten Ratten, vampirischen Insekten und Menschen, die die zivilisatorische Tünche abgelegt haben. Immer wieder werden er und seine Begleiter angegriffen, verfolgt und gejagt. Er ahnt nur Eines: etwas jagt die letzten Überlebenden, und eines nicht allzu fernen Tages wird er der letzte Mensch auf Erden sein…
Tim Currans Endzeit-Thriller erinnert zu Beginn ein wenig an bekannte B-Movies. Vor der Kulisse eines atomar verseuchten Amerikas versuchen Menschen vor den mutierten Bestien, die gefährlichsten davon in Menschenform, zu fliehen. Durch zerbombte Städte führt ihr Weg, immer wieder begegnen ihnen Leidensgenossen, die entweder als gejagtes Wild ihr Dasein voller Furcht fristen oder sich zu gewaltbereiten Gangs zusammengerottet haben.
Damit nicht genug, hat auch die Natur ihre Mutationen auf den Weg gebracht. Flora und Fauna haben sich schnell auf die neuen Begebenheiten eingestellt, und jagen ihre Nahrung auf zwei Beinen mit gnadenloser Effizienz. Neben bekannten Versatzstücken – insbesondere die mutierten, riesenhaften Ratten dürfen hier nicht fehlen – lässt sich der Autor aber auch ganz eigene, fürchterliche Kreationen einfallen. Eine riesenhafte Mischung aus Fliege, Moskito und Blutsauger etwa, die sich auf das Aussaugen menschlicher Körper spezialisiert hat, blieb mir besonders im Gedächtnis.
Schlimmer als diese gewohnten Gefahren aber sind die Beschreibungen der Kinder. Jedes Kind unter 10 Jahren wurde vom Fallout zu einem Wesen gewandelt, das härteste Strahlung emittiert, dessen spitze gekrümmte Zähne den Überlebenden ihr Fleisch von den Knochen reißen will. Das wirkt weit schrecklicher als das mittlerweile gewohnte Zombie-Gehabe, gerade weil die netten Kleinen sich äußerlich kaum geändert haben.
Zunächst unterschwellig wird auch deutlich, wie sich unser Erzähler wandelt. Zu Beginn noch ganz seiner Moral verpflichtet, passt er sich zusehends den Verhältnissen an. Da werden ohne große Skrupel Menschen erschossen, andere als Opfer ausgewählt, gefesselt und bei lebendigem Leib dem intelligenten atomaren Feuer dargebracht. Gleichzeitig aber steht Rick zu seinen Freunden, beginnt eine neue Beziehung und ahnt doch, dass nichts von Dauer ist, dass das Ende der Menschheit angebrochen ist. Das liest sich packend, zum Teil ergreifend ja erschütternd, dann wieder action- und temporeich.