Paul Alfred Müller: Die Unsterblichen (Buch)

Paul Alfred Müller
Die Unsterblichen
Titelillustration von Werner Chomton
Verlag Dieter von Reeken, 212, Paperback, 168 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-940679-64-2

Von Carsten Kuhr

Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet in Garmisch, am Fuß der Alpen, wird eine sensationelle Entdeckung gemacht. Professor Ludwig Achleitner forscht dort, unterstützt durch den jungen Dr. Georg Loeser, nach einem Stoff, der das Alter aufhalten, die Menschen wieder verjüngen kann. Und er wird fündig!

Dass seine zwanzig Jahre jüngere Frau sich seit einigen Jahren zu seinem Assistenten hingezogen fühlt, ahnt er als weltfremder Wissenschaftler zunächst nicht. Erst als er beabsichtigt, sich selbst zu verjüngen, um seiner Frau als äußerlich gleichaltriger Galan den Hof zu machen, kommt das Geheimnis um die Liebe die nicht sein darf ans Tageslicht. Loeser wird kurzerhand fristlos entlassen, Achleitner startet einen Selbstversuch, der tödlich endet. Doch statt Happy End bricht die trauernde Witwe die Beziehung zu Loeser ab, der mit den Forschungsergebnissen spurlos verschwindet.

Fünfzig Jahre später sehen sich die Beiden in einem kleinen Kaff in der US Provinz wieder. Loeser, den man zwischenzeitlich als George B. Lesser, kennt hat mit der Erfindung nicht nur sein finanzielles Glück gemacht, sich selbst äußerlich erfolgreich auf dem Stand eines gut 30jährigen gebracht, sondern auch seinen politisch-wirtschaftlichen Einfluss immer weiter ausgedehnt. Während die junge Generation der Unmündigen angesichts jugendlicher Alter, die ihnen nicht nur die Arbeitsplätze sondern auch die jungen Frauen wegnehmen, rebellieren, lenkt er durch Abgabe seine Verjüngungspillen die politischen Geschicke aller Länder der Welt. Als er in Bluetown notlandet, trifft er auf die Enkelin seiner einstigen Liebe aus Garmisch. Während er Majorie den Hof macht, proben die Unmündigen den Aufstand. Suf der ganzen Welt werden Attentate auf künstlich jung gebliebene Politiker und Wirtschaftsführer verübt; ein Krieg der Generationen droht…

Ungleich den meisten Romanen aus der Feder Müllers ist vorliegender Roman bislang erst einmal, in den 60er Jahren als Leihbuch, im Bielmann-Verlag publiziert worden. Wie wir dies von ihm gewohnt sind, verbindet er in seinem Plot viele interessante Ideen mit der Beschreibung einer herzergreifenden Romanze. Ungewöhnlich für die Zeit – aber auch den Autor –, dass er vorliegend ungewohnt kritisch, ja sozialkritisch mit seinen Protagonisten und der Gesellschaft per se umgeht.

Verpackt in einer nicht ganz glaubwürdigen Liebesgeschichte beschäftigt Müller sich mit der Fiktion, was geschehen würde, wenn man wirklich das Geheimnis ewiger Jugend oder der Verjüngung von Menschen entdecken würde. Welchen Verwerfungen würde die Gesellschaft ausgesetzt, wie würde die plötzlich perspektivlose Jugend reagieren, welchen Einfluss hätten diejenigen, die über die Macht der Verjüngung verfügen könnten? Zum Erhalt der Macht wird eine große Menschenmenge der Unwürdigen gefangengesetzt und indoktriniert.

Auch wenn Müllers Lesser seine Macht sehr behutsam ausübt, mit dieser ganz bewusst auch Philosophen und Denker unterstützt, um die Menschheit als Ganzes voranzubringen, ist er doch ein geheimer Diktator, der seine Macht missbraucht. Dieser Aspekt wird allerdings allenfalls unterschwellig thematisiert. Im Vordergrund steht die Aussage, dass die Welt die Erfahrungen der junggeblieben Alten braucht, dass die sozialen Verwerfungen, die dies mit sich bringt, von der Erfahrung der jungen Senioren aufgewogen werden. Langlebigkeit wird etwas sehr vereinfacht hier mit Weisheit und Überlegenheit gleichgesetzt, die Probleme, die hieraus generationsübergreifend entstehen, zwar angesprochen, aber letztlich zu wenig in den Mittelpunkt gestellt. Das ein wenig kitschig wirkende Finale rundet einen Roman ab, der Müller ungewohnt nachdenklich zeigt.