Eileen Wilks: Finstere Begierde – Wolf Shadow 4 (Buch)

Eileen Wilks
Finstere Begierde
Wolf Shadow 4
(Night Season, 2008)
Aus dem Amerikanischen von Stefanie Zeller
Lyx, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 410 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-8319-3 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Das Auftauchen von drei Bewohnern des Edge, einer Dimension, die durch Tore mit der Erde und anderen Welten verbunden ist, versetzt die Sonderabteilung des FBI, das auf übersinnliche Fälle spezialisiert ist, in helle Aufregung. Die Gäste bitten die Menschen um Hilfe, da den Gnomen ein wertvolles Artefakt gestohlen wurde, von dem das Überleben aller, die sich im Edge niedergelassen haben, abhängt.

Ein Trick bewirkt, dass die Finderin Cynna Weaver, der Werwolf Cullen Seabourne und einige andere wider Willen mit den Bittstellern ins Edge geschleudert werden. Die Rückkehr will man ihnen nur dann gestatten, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Notgedrungen lässt sich die kleine Gruppe auf den Handel ein, sehr wohl wissend, dass die Mission gefährlich ist und man selbst den Verbündeten nicht vertrauen darf.

Es gibt jedoch auch eine Überraschung für Cynna: Immer glaubte sie, der Vater habe sie und ihre Mutter verlassen, doch tatsächlich fiel er durch eine Spalte ins Edge und baute sich dort eine neue Existenz auf. Dass die Mutter schon vor einigen Jahren gestorben ist, trifft ihn hart. Mühsam nähern sich Vater und Tochter einander an. Auch das Verhältnis zu Cullen, ein One-Night-Stand, blieb nicht ohne Folgen: Cynna ist schwanger, fühlt sich aber überhaupt nicht reif für ein Kind, und Cullen macht ihr, was überhaupt nicht zur Tradition der Werwölfe gehört, einen Heiratsantrag! Doch bevor sich Cynna entscheiden kann, müssen sie und ihre Gefährten erst einmal das Medaillon finden – und am Leben bleiben.

Der vierte Band der Romantic-Mystery-Serie kann als eine Side-Story gesehen werden, denn die Hauptfiguren Lily Yu und Rule Turner haben lediglich kleine Auftritte. An ihrer statt beleuchtet Eileen Wilks das komplizierte Verhältnis von Cullen Seabourne und Cynna Weaver, die beide völlig gegensätzlich sind und eigentlich keine feste Beziehung wünschen.

Cynna hat bislang jeden Menschen verloren, der ihr wichtig war, und fürchtet sich vor neuerlichen Verlusten. Dass ihr Vater die Familie nicht freiwillig aufgab und Cullen sie nicht allein des Kindes wegen heiraten will, lässt sie vieles in einem neuen Licht sehen. Cullen wiederum gehört als Werwolf zu einer Spezies, die nur wenige Nachkommen produziert, so dass sie mehr oder weniger promiskuitiv leben, um die Chancen auf Nachwuchs zu vergrößern. Allerdings ist er in jeglicher Hinsicht eine Ausnahme: Er lebte Jahre als Verstoßener ohne Clan und blieb geistig gesund, er ist der einzige Werwolf-Zauberer – darum wundert es nicht, dass er eine weitere Regel bricht, indem er Cynna heiraten und ihr treu sein will, weil er sie aufrichtig liebt und er sich eine glückliche Familie wünscht.

Die privaten Probleme der beiden sind eingebettet in eine spannende Handlung, die fast ein bisschen zu kurz kommt, da sie immer wieder in den Hintergrund tritt zugunsten der zwischenmenschlichen Beziehungen und Charakterentwicklungen. So verläuft sie auch recht geradlinig und etwas vorhersehbar: Cullen, Cynna und die anderen werden entführt, gezwungen, eine heikle Aufgabe zu lösen, natürlich befindet sich ein Verräter unter den Verbündeten, man sucht und findet Hilfe bei anderen Bewohnern des Edge, und die Auflösung ist dann keine wirkliche Überraschung mehr. Dennoch fühlt man sich gut unterhalten, da die Hauptfiguren und ihre Begleiter interessant und sympathisch, ihre Konflikte nachvollziehbar sind und auch das Edge sowie die Regeln, nach denen seine Bewohner leben müssen, reizvoll geschildert werden. Im Prinzip fand eine Umkehr der irdischen Verhältnisse statt: Während auf der Erde die übernatürlichen Wesen unterdrückt werden, sind es im Edge die Menschen, und auch Cynnas Vater hat eine tragische Geschichte zu erzählen.

„Finstere Begierde“ ist eine unterhaltsame Lektüre, in der zwei sympathische Außenseiter ein packendes Abenteuer in einer exotischen Fantasy-Welt erleben. Es gibt reichliche erotische Momente, aber noch genug Handlung, um das Buch aus dem Einerlei der Paranormal Romances zu heben. Romantische Leserinnen ab 15 Jahre, die phantastische Romane schätzen, kommen voll auf ihre Kosten. Genre-Fans, die mehr Mystery als Romance wünschen, sollten einen Blick in den Band hineinwerfen – vielleicht trifft er trotz der reichlichen Beziehungsprobleme aufgrund der abwechslungsreichen, spannenden Handlung doch den Nerv.