Driver for the Dead (Comic)

Driver for the Dead
Idee & Text: John Heffernan
Zeichnungen: Leonardo Manco
Farben: Kinshun Loh & Jerry Choo
Cover-Illustration: Clint Langley
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Splitter, 2012, Hardcover, 158 Seiten, 22,80 EUR, ISBN 978-3-86869-506-9

Von Frank Drehmel

Stand bei Splitter bisher der europäische Comic im Fokus – und hier insbesondere die Vielzahl erstklassiger frankobelgischer Serien –, so zeigt man sich seit Kurzem auch dem amerikanischen Mainstream gegenüber aufgeschlossen. Nach „The Last Days of American Crime“ und „FVZA“ stellt „Driver of the Dead“ die mittlerweile dritte Serie der Radical Studios dar, die ihren Weg als Gesamtausgabe im Rahmen der „Splitter Books“-Linie in die deutschen Comic-Läden gefunden hat.

Alabaster Graves' Job ist es, Leichen zu ihren letzten Ruhestätten zu chauffieren. Dass er mit seinen Berufsgenossen eher wenig gemein hat, erkennt man nicht nur an seinem Leichenwagen – einen gepimpten und extrem umgebauten Pontiac GTO namens „Black Betty“ –, sondern auch daran, das gewöhnliche Tote nicht zu seiner bevorzugten Klientel gehören. Graves ist der Mann für die besonderen Fälle, für Vampire und all das mystische Kroppzeugs, das ungern tot bleibt und nur schwer stirbt. Dementsprechend umfangreich ist sein Arsenal an Waffen und Amuletten, welches er in Black Bettys Kofferraum untergebracht hat.

Dass Erfahrung, Waffen und Zauberpülverchen nicht immer ausreichend Schutz bieten, muss Graves während seines aktuellen Auftrags schmerzhaft und am eigenen Leib erfahren. Er soll die sterblichen Überreste des während eines Exorzismus getöteten Heilers Moses Freeman von Shreveport, Louisiana, nach Saint Louis, Missouri, transportieren, wobei Marissa Freeman, die Urenkelin des Verstorbenen, ihren Urgroßvater auf seiner letzten Reise begleitet. Das Problem der beiden: ein äußerst mächtiger Nekromant namens Fallow hegt ein ungesundes Interesse an dem Toten, denn er, der sich über Jahrhunderte die Körperteile magisch begabter Menschen und damit deren Macht einverleibte, braucht Freemans Herz.

Während eines ersten Zusammentreffens mit Fallow und seinen untoten Schergen droht Graves und Marissa die endgültige Niederlage noch bevor der Kampf richtig begonnen hat; doch dann greifen eine alte weißhaarige Frau und einige Sumpfbewohner in das Geschehen ein und retten die Beiden um den Preis eigener Verluste. Die alte Frau ist es dann auch, die den Leichenwagenfahrer von seiner besonderen Bestimmung erzählt und einen Weg aufzeigt, wie er Fallow vernichten kann; doch dazu muss Graves zunächst einen Mythos töten, den Werwolf der Sümpfe, den Loup Garoux.

Auch wenn Autor John Heffernan ein eher unbeschriebenes Blatt im amerikanischen Comic ist, so hat man mit Leonardo Manco einen Künstler ins Boot geholt, der nicht zuletzt durch grandiose „Hellblaze“r-Runs sein Talent für das Übernatürliche unter Beweis stellte.

Der Story selbst merkt man an, dass da kein großer Visionär am Computer oder Storyboard saß; die Geschichte ist vorhersehbar, simpel gestrickt und klischeeüberladen, die Figuren sind vollendete Stereotypien; insbesondere Graves mit seinem militärischen Background und seinem toughen Habitus ist kaum mehr als ein Nullachtfünfzehn-Held mit einer coolen Benzinschleuder, aber auch die weiße Alte aus dem Bayou ist beileibe kein Ausbund an Originalität.

Dass das Ganze dennoch hervorragend funktioniert liegt am exquisiten und detaillierten Artwork sowohl des Zeichners als auch der Koloristen. In seinem Bild- und Seitenaufbau folgt Manco zunächst einem offenkundig filmischen, sehr dynamischen Ansatz, der neben zahlreichen vertikalen Panels ein freieres Layout bedingt. Die einzelnen Bilder selbst sind insgesamt malerisch gehalten, mit einer gleichermaßen lebendig-vielschichtigen Farbgebung wie einem hohen Maß an atmosphärisch stimmiger Dichte, angefangen bei den geradezu schwülen, fiebrigen Sonnenuntergängen der Südstaaten über weite blaue Himmel bis hin zum verwesenden Fleisch der Untoten, das man förmlich zu riechen glaubt.

Vergleichsweise enttäuschend kommt der redaktionelle Teil daher, von dem lediglich eine Playlist mit 26 Musik-Titeln, die stimmungsmäßig zum Comic passen sollen, Interesse weckt, wohingegen das Interview mit Heffernan und Manco – wohlwollend ausgedrückt uninformatives, hohles Promotion-Geseier von Leuten ist, die (sich) nichts zu sagen haben.

Fazit: Das atmosphärische grandiose, malerische Artwork vermag die Schwächen der Geschichte und der Figuren gänzlich zu kompensieren. Jeder Freund gepflegten Grusels und beinharter Monster-Action kann bedenkenlos zugreifen.