Chris Wooding: Schwarze Jagd (Buch)

Chris Wooding
Schwarze Jagd
(Black Lung Captain)
Aus dem Englischen übersetzt von Peter Robert
Titelillustration Krzysztof Bielenin
Heyne, 2012, Taschenbuch, 702, Euro 9,99 EUR, ISBN 978-3-453-52820-8 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Man sollte doch eigentlich meinen, dass Piraten, noch dazu solch versierte Fachleute wie Captain Darian Frey, seines Zeichens immerhin Eigner des Düsen-Luftschiffes „Ketty Jay“, in Geld nur so schwimmen würden. Dass dem nicht so ist, sieht man seinem Schiff und seiner Laune nur allzu leicht an. Selbst der Raub einer kleinen Schatulle mit einigen Wertgegenständen, die eigentlich für das abgelegene Waisenhaus vorgesehen waren, gerät zum Fiasko.

Nicht genug damit, dass das Schicksal und die Frau, die er einst vor den Traualtar hat stehen lassen, dafür gesorgt haben, dass Trinica Drakken mit ihrer „Delirium Trigger“ ihm bei Retribution Falls, als er die Koalition gerettet hat, den Großteil des Schatzes vor der Nase weggeschnappt hat, jetzt schafft er es nicht einmal mehr, ein paar Bauern ein wenig Bares abzuluchsen. Tief ist er gefallen, der Retter der Koalition. Da kommt es gerade recht, dass er das Angebot bekommt, auf der kaum erforschten Insel Kurg ein havariertes Schiff voller Schätze zu plündern. Der Pferdefuß an dem Angebot: Er muss mit Captain Grist, einem anderen Piraten, teilen; und die Insel ist von wilden Tieren und fiesen Eingeborenen bewohnt. Dass es sich bei dem havarierten Schiff um einen Kreuzer der dämonischen Manen handelt, macht die Expedition auch nicht eben einfacher.

Trotz aller Widrigkeiten und Verluste gelingt es ihnen, eine scheinbar neuartige Energiequelle aus dem Wrack zu bergen – nur, dass sie kaum am Ankerplatz der „Ketty Jay“ zurückgekehrt von Trinica Drakken erwartet und um ihre Beute gebracht werden. Doch so einfach wollen weder Grist noch Frey sich geschlagen geben. Sie machen sich auf, den entwendeten Schatz zurückzuholen, koste es, was es wolle. Dass Grist dabei ein ganz anderes Ziel verfolgt, dass Frey mit seiner früheren Verlobten gar ein wackeliges Bündnis einzugehen bereit ist und sie ihr Weg zum Nordpol führt, das hätte er nicht gedacht. Denn hier regieren die Manen…

Chris Wooding ist uns eigentlich als versierter Jugendbuch-Autor bekannt. Mit seinen Romanen um Darian Frey und seiner Crew betritt er als Autor nicht nur Neuland, muss er doch auch ein erwachsenes Publikum an die Seiten bannen, sondern er leistet auch seinen ganz eigenen Beitrag zum Genre. Abseits der großen Weiten des Alls oder des viktorianischen Dampfzeitalters lässt er seine Anti-Helden in einer phantastischen Kulisse auf Abenteuerfahrt gehen. In Luftschiffen werden Waren und Passagiere zwischen den bewohnbaren Inseln hin- und her transportiert, werden Vermögen gewonnen und verloren, Kämpfe ausgetragen und Leben verloren.

Das hat viel von der bekannten Windjammer-Romantik, verstärkt wird dies durch die Reise durch die Lüfte komplett mit Verfolgungsjagden, Luftgefechten und waghalsigen Entermanöver. Da wartet viel Spannung und Exotik auf den Leser, wenn die Jäger, die ein wenig an die Flugzeuge des Ersten Weltkriegs erinnern, aufeinander Jagd machen und die Zeppelin-ähnlichen Trägerschiffe ihre Breitseiten austauschen.

Ergänzend kommen dann mit den Dämonen und Manen ganz eigene Kreationen hinzu. Geschickt beleuchtet Wooding diese faszinierenden Figuren dann mit Hilfe eines Crewmitglieds. Der Dämonist Crake und die Halbmanin Jez dienen hier sowohl als Handelnde, als auch dazu, die jeweilige Spezies näher vorzustellen. Überhaupt ist die Besatzung der „Ketty Jay“ ein interessantes Konglomerat aus Unikaten. Sie alle schleppen auf ihre jeweils ganz eigene Art und Weise ihr Päcklein mit sich herum, sind von ihrer Vergangenheit gezeichnet. Dass und wie sie trotzdem wirkungsvoll miteinander agieren, ist einer der Glanzpunkte des Romans. Ausgehend vom ersten Teil, den Heyne unter dem Titel „Piratenmond“ vorgelegt hat, zeichnet der Autor seine Gestalten dabei immer detailreicher und interessanter mit all ihrem Macken, Merkwürdigkeiten und Besonderheiten. Das sind einmal keine Pappgestalten oder klischeehafte Figuren, auch wenn Wooding gerne Anleihen bei bekannten Stereotypen nimmt, nur um diese dann abzuwandeln und den Leser zu überraschen.

Auch wenn der Handlungsverlauf sehr geradlinig, ja fast ein wenig vorhersehbar abläuft, erwartet den Leser ein munteres Abenteuergarn voller Tempo, Witz und Wendungen.