Kristin Cast, Alyson Noël, Kelley Armstrong, Richelle Mead, Francesca Lia Block: Verdammt (Buch)

Kristin Cast, Alyson Noël, Kelley Armstrong, Richelle Mead, Francesca Lia Block
Verdammt
(Kisses from Hell, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Ariane Böckler
Goldmann, 2012, Taschenbuch, 250 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-442-47752-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Die Anthologie „Verdammt“ beinhaltet Kurzgeschichten von fünf gegenwärtig beliebten Autorinnen des Genres Romantic Mystery, wobei Mystery groß und Romantic etwas kleiner geschrieben wird.

Richelle Meads „Sonnenschein“ („Sunshine“) ist als Opener geschickt gewählt, denn die Story, die vor den Ereignissen, die in der Serie „Vampire Academy“ erzählt werden, angesiedelt ist, macht sofort Lust auf mehr, obwohl es ‚nur‘ eine gefühlsbetonte Romanze mit Hindernissen ist.

Eric Dragomir, der letzte Sprössling eines fürstlichen Vampirclans, soll endlich heiraten und Nachkommen zeugen, damit die Linie nicht ausstirbt. Obwohl er schon einige Freundinnen hatte und mit Emma Drozdov die passende Partnerin gefunden zu haben scheint, zögert er, weil er sich für diesen Schritt zu jung fühlt. Seine Zweifel, ob zudem Emma die richtige Wahl ist, vertiefen sich, als Eric Rhea Daniels kennenlernt, die bereits mit Stephen Badica verlobt ist. Als er sich darüber wundert, dass sie sich ihrer Entscheidung so sicher ist, glaubt Rhea, dass er, wie so viele, der Überzeugung sei, sie wäre für Stephen keine passende Partie. Die Missverständnisse reißen nicht ab, und doch sucht jeder von ihnen immer wieder die Nähe des anderen, so dass in Emma Argwohn und Zorn erwachen. Und dann wird Rhea plötzlich entführt…

Mit dieser Kurzgeschichte fügt die Autorin ihrer erfolgreichen Vampir-Serie einen weiteren Mosaikstein hinzu, denn sie schildert, wie sich die Eltern von Vasilisa Dragomir, eine der Hauptfiguren, kennenlernten. Obwohl die Geschehnisse rund zwanzig Jahre vor den Romanen spielen, hat man den Eindruck, eine Gegenwartshandlung zu verfolgen. Hier fehlt doch ein wenig das 1980/19990er Flair, was den positiven Gesamteindruck jedoch nicht schmälert. „Sonnenschein“ ist eine spannende, unterhaltsame und zugleich die beste Story dieses Bandes.

Etwas düsterer geht es in Alyson Noëls „Erweck mich zu neuem Leben“ („Bring Me to Life“) zu.

Die Studentin Danika Kavanaugh ist froh, dass sie an einem renommierten Institut Kunst studieren darf, denn die Ablenkung soll ihr helfen, darüber hinwegzukommen, dass sie von ihrem Freund und ihrer besten Freundin betrogen wurde. Sonderbarerweise ist das Anwesen bis auf den Butler und die Hausdame menschenleer; weder Dozenten noch andere Studenten sind eingetroffen. Erst ein paar Tage später taucht der Student Bram auf. Inzwischen hat Danika angefangen, sich einzugewöhnen … und zu vergessen. Sie träumt und malt …, ohne zu wissen, dass man Großes von ihr erwartet. Natürlich ist nicht alles so, wie es zunächst scheint, und auch Bram deckt nicht gleich seine Karten auf.

Obwohl es sich auch bei „Erweck mich zu neuem Leben“ um eine Vampir-Love-Story handelt, wird das erst gegen Ende hin deutlich. Zunächst hat man eher den Eindruck, es mit einer haunted house novel zu tun zu haben, doch das etwas konstruiert wirkende Ende, das letztlich die notwendigen Erklärungen für alle mysteriösen Vorkommnisse liefert, rückt alles zurecht. Nach dem interessanten Start ist dies ein leider schwacher Schluss.

Noch enttäuschender fällt Kristin Casts „Oben“ aus. Die fragmentarisch-experimentelle Geschichte überlässt vieles der Phantasie des Lesers, der nur ahnen kann, worum es eigentlich geht.

Ein Wesen ‚von unten‘ entkommt seiner grausamen Welt ‚nach oben‘ in den Bereich der Menschen und findet dort erstmals Liebe und Geborgenheit. Doch das Glück wäret nicht lange, denn die Häscher sind Rheena/Aurora auf der Spur und lauern ihr auf, als Sol nicht da ist, um sie zu beschützen.

Kennt man die „House of Night“-Serie, die zu lesen großen Spaß bereitet, dann dürfte spätestens jetzt klar sein, dass diese von Kristins Mutter P. C. Cast geschrieben wurde/wird und die Tochter, deren Namen ebenfalls auf den Covers prangt, allenfalls als Beraterin fungiert, wenn es um die Jugendsprache und die Denkweise junger Menschen geht. Vielleicht wäre es gut gewesen, wenn bei „Oben“ die junge Autorin einige Ratschläge der Mutter angenommen hätte.

Danach kann es nur wieder besser werden, und „Hunting Kat“ („Hunting Kat“) von Kelley Armstrong vermag tatsächlich wieder für gute Unterhaltung zu sorgen.

Kat ist ein frisch gewandelter Vampir. Sie wird entführt und zusammen mit zwei Jungen in einem abgelegenen Haus gefangen gehalten. Die drei finden heraus, dass sich ihre Häscher auf der Suche nach Kindern wie ihnen befinden, an denen Experimente vorgenommen wurden, die zur Folge haben, dass die Betroffenen nach ihrem Tod als Vampire auferstehen werden. Gemeinsam gelingt ihnen die Flucht, aber es scheint, als wäre einer von ihnen ein Verräter und gehöre zu der Bande, deren Ziel es ist, durch Kat noch mehr Vampire ausfindig zu machen. Wem soll sie vertrauen: dem Nerd Neil oder dem attraktiven Chad?

Die Handlung wendet sich an junge Leser, denn Kat und die anderen sind Teens, die so reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist und die auch gern über die Stränge schlagen, vor allem wenn sie von Erwachsenen gewarnt werden, keine Dummheiten zu begehen. Die Geschichte wirkt wie ein Auszug aus einem Roman der Autorin und vermag durchaus neugierig auf ihre Bücher zu machen.

„Lilith“ („Lilith“) von Francesca Lia Block ist eine so kurze Erzählung, dass dem Leser kaum Zeit bleibt, mit den Charakteren warm zu werden.

Der unbeliebte Paul Michael schwärmt für seine neue Mitschülerin Lilith, eine Goth. Beide sind Außenseiter, und das bringt die beiden tatsächlich zusammen, aber anders, als es der Junge sich erträumt hat.

Man ahnt, was geschieht. Paul Michael beginnt, sich zu verändert und kann sich an seinen Peinigern rächen. Vergleichbares hat man in der Phantastik schon unzählige Male gelesen. Ein wirkliches Happy End gibt es jedoch nicht, sondern die Story klingt einfach auf eine etwas unbefriedigende Weise aus.

Auch wenn „Verdammt“ mit hochkarätigen Namen wirbt, so sind diese kein Garant für beste Unterhaltung. Tatsächlich vermag nur Richelle Mead rundum zu überzeugen, während die übrigen Autorinnen hinter den Erwartungen zurückbleiben und vor allem Kristin Cast vom Stil her (experimentell und verworren) nicht in die Anthologie hineinpasst. Schade!